Immer häufiger werden Bürgerinnen und Bürger in die Formulierung und Umsetzung von öffentlichen Programmen einbezogen. Diese Partizipation wird von wissenschaftlicher Seite als “co-creation” oder “co-production” (Koproduktion) bezeichnet. Beide Konzepte werden laut Voorberg/Bekkers/Tummers (2014) synomym benutzt. Anders, als es der Begriff vermuten lässt, konzentriert sich die co-creation-Literatur nicht auf die Phase der Programmformulierung und -ausgestaltung, sondern mehrheitlich auch auf den Umsetzungsprozess öffentlicher Programme. Der Unterschied zwischen beiden Konzepten liegt den Autoren zufolge eher darin, dass die co-creation-Literatur noch stärker als co-production-Ansätze die Einbeziehung von Bürgern als einen Wert an sich betrachtet.
Voorberg/Bekkers/Tummers wollten wissen, welche Ziele mit co-creation und co-production verfolgt werden, welche Faktoren die Zusammenarbeit von Staat und Bürgern beeinflussen und welches der outcome ist, wenn Bürger in die Politikformulierung und -umsetzung einbezogen werden.
Zu diesem Zweck haben die drei Autoren eine Auswertung der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur vorgenommen. Über 4700 englischsprachige Bücher und Aufsätze seit 1987 wurden durchgesehen, die co-creation und/oder co-production im Titel haben, davon werteten sie 122 Studien systematisch aus (27 Studien über co-creation, 95 über co-production). Auffällig ist den drei Autoren zufolge, dass qualitative Fallstudien dominieren und sich ein Drittel der Texte auf den Gesundheitssektor bezieht.
Die Ergebnisse ihrer Literaturanalyse sind in der Public Management Review (2014) veröffentlicht:
Welche Ziele werden mit co-creation/co-production angestrebt? 64% der Studien geben gar keine Ziele an. Voorberg/Bekkers/Tummers deuten dies so, dass Bürgerbeteiligung in den Studien als Wert an sich begriffen wird. 22% der 122 ausgewerteten Texte geben “mehr Effektivität” als Ziel der Einbeziehung von Bürgern an.
Welche Faktoren unterstützen co-creation und co-production? Auf Seiten der öffentlichen Hand ist die Kompatibilität staatlicher Strukturen mit der Partizipation von Bürgern wichtig. Eine offene Haltung gegenüber Bürgerbeteiligung fördert diese. Umgekehrt verhindern konservative Verwaltungskulturen und die Angst vor Kontroll- und Statusverlust co-creation und -production-Aktivitäten (Voorberg/Bekkers/Tummers, S. 10). Der Nutzen, der mit der Bürgerbeteiligung verbunden ist, muss den staatlichen Akteuren klar sein, – dieser Faktor wird in vielen Studien betont. Auch auf Bürgerseite gibt es wichtige Voraussetzungen für das Gelingen partizipativer Prozesse, wie bspw. Bildung, bestimmte Fertigkeiten, soziales Kapital und Vertrauen in partizipative Prozesse (Voorberg/Bekkers/Tummers, 11).
Hürden können auf staatlicher Seite abgebaut werden, indem das Ziel, co-creation und co-production zu stärken, von der politischen und administrativen Spitze klar formuliert wird. Auch die Ausweitung der Handlungsspielräume von Mitarbeitern ist wichtig, damit Partizipation gelingt.
Nach dem outcome von co-creation und co-production-Prozessen fragen Voorberg/Bekkers/Tummers zufolge nur wenige Autoren. Die meisten konzentrieren sich auf die Analyse von förderlichen oder hinderlichen Faktoren. Nur ein Fünftel schaut sich die Ergebnisse von Koproduktions- und co-creation-Prozessen an (ebd., S. 13). Wo der outcome im Mittelpunkt steht, werden Effektivität und die Förderung von Bürgerbeteiligung als Hauptergebnisse festgehalten (ebd., 13).
Das Fazit der drei Autoren lautet im Hinblick auf den outcome: “(…) given the limited number records that reported on the outcomes of co-creation/co-production, we cannot definitely conclude wether co-creation/co-production can be considered as beneficial” (Voorberg/Bekkers/Tummers, S. 14) . Bürger-Partizipation werde in den meisten ausgewerteten Studien als Wert an sich betrachtet. Insofern sehen die drei Autoren einen wichtigen zukünftigen Forschungsschwerpunkt in der Untersuchung der Ergebnisse von co-creation und -production-Prozessen.