Mit dieser provokanten Frage zitiert David Wilcox den Blog-Beitrag von Dan McQuillan, der als Global Web Manager bei Amnesty International aktiv war. Für McQuillan steht das Scheitern von Wohltätigkeitsorganisationen außer Frage. Er macht dies an ihrer mangelnden Innovationsfähigkeit fest. Jeder, der im Sektor aktiv sei, kenne den institutionellen Konservatismus von Wohlfahrtseinrichtungen. Dieser Konservatismus ergebe sich durch folgende Eigenschaften : “anxiety-based leadership, a focus on internal politics, inter-departmental struggle and an unquestioning conflation of the issue and the organisation.”
Die Binnenorientierung von Nonprofits und ihr defensives Management halte ich auch für sehr problematisch. Entsprechend zurückhaltend sind Sozialeinrichtungen, wenn es darum geht, Web 2.0 – Tools zu nutzen und sich – damit einhergehend – nach außen hin zu öffnen. McQuillan zitiert die Klagen von internetkundigen NPO-Mitarbeitern, die sich freuen würden, wenn ihre Organisation endlich den Anschluss ans digitale Zeitalter fände.
McQuillan sieht kein Licht am Horizont, was die Innovationsfähigkeit von Wohlfahrtsorganisationen angeht. Ihr Charakter als Institution stehe dem entgegen. So negativ sehe ich die Dinge nicht. Im Gegenteil: auch Institutionen sind nicht monolithisch, sondern zeichnen sich durch interne Netzwerke aus.
Ich denke, das Hauptproblem von Nonprofits liegt in ihrem Selbstbild begründet: sie sind zu wenig auf die Umwelt hin orientiert, sie sehen nicht die Ressourcen, die hier zu gewinnen wären. Sie wollen – ganz alleine auf sich und die öffentlichen Gelder gestellt – ihren Weg gehen. Die Bürgerschaft als Ganzes wird nicht wirklich als Ressourcenquelle wahrgenommen, es dominiert die Fixierung auf staatliche Mittel.
Wer jetzt in den Nonprofits aufgerüttelt wurde und sich sofort mit neuartigen Dingen beschäftigen möchte, die den Weg nach außen hin ebnen, der kann sich auf der Wiki-Spielwiese von www.kreative-strukturen.de mit Wikis beschäftigen, die ein wunderbares Koordinations- und Wissensmanagement-Instrument sind, von dem Sozialorganisationen sehr profitieren können (vgl. meine Blog-Einträge zum Thema Wiki) .
Ich muss leider wieder mal ein Indiz für die mangelnde Aktualität in Bezug auf Kommunikation bei meiner Organisation anführen (ich verzichte darauf, den Namen zu nennen): Im heute erhaltenen Newsletter (15.11.07) stand ein Link auf die Beschreibung von Newsfeeds und die Möglichkeit, einen solchen von dieser Organisation zu abonnieren. Ich habe dann per Mail darauf aufmerksam gemacht, wie man den Newsfeed für moderne Browser auch anders sichtbar machen kann.
Dennoch gibt es auch positive Signale – auf unseren Aufruf im Zusammenhang mit dem World Usability Day kam aus besagter Organisation (und sonst von keiner anderen) eine Interesse bekundende Reaktion. Ich stimme also mit Frau Reiser überein, dass sich alles zum Guten hin wenden kann. Wenn es ums Wachrütteln geht, bin ich gern dabei.
Desillusionierende Erfahrungen mit der “Binnenorientierung” kirchlich-sozialer Einrichtungen durfte ich in den letzten Monaten auch machen. Das Web 2.0 ist hier kaum zu vermitteln, selbst wenn ein Berater wie ich sich anbietet, kostenlos zu arbeiten!
Das “Scheitern” dieser Organisationen dürfte in Zukunft immer stärker da zutage treten, wo etwa spontane Netzwerkeffekte aus dem Web 2.0 heraus effizientere Hilfsprogramme oder -maßnahmen bewirken, als dies etablierte Einrichtungen mit ihren schwerfälligen Apparaten leisten können.
Danke, dass Sie dieses (heikle) Thema hier im Blog thematisieren!