Matthias Schwenk von bwl zwei null hat in einem Kommentar zu meinem Blog-Beitrag “Are charities broken” die These aufgestellt, dass die Binnenorientierung von Nonprofit-Organisationen und ihre Abstinenz, was Web 2.0-Tools angeht, langfristig zu ihrem Scheitern führen wird.
Auch ich bin der Ansicht, dass NPOs unter einem großen Zeitdruck stehen. Wenn sie die interaktiven Instrumente, die das neue Web bietet, in den nächsten 5 Jahren nicht aufgreifen und für sich und ihre Stakeholder nutzen, dann werden sie in 10 Jahren nicht da stehen, wo sie eigentlich hin möchten. Sie werden vielleicht noch existieren, aber mehr schlecht als recht.
Warum drängt die Zeit? Weil Fundraising immer stärker über das Internet läuft. Und gemeinnützige Träger Ressourcen dringend brauchen: die Einnahmen aus öffentlichen Quellen schmelzen dahin und private Spenden konnten diese Lücke bisher nicht füllen. Nur zur Veranschaulichung: in den sozialen Diensten liegt der Spendenanteil an den Einnahmen bei rd. 5%, der Anteil öffentlicher Mittel ging von rd. 83% auf 65% zurück (Zimmer/Priller 2004).
In der Vergangenheit setzten Nonprofits beim Fundraising auf Spendenbriefe, die dem Adressat ungefragt ins Haus flattern. Es gibt m.E. einen Zusammenhang zwischen der Tatsache, dass Menschen über 60 Jahre den größten Teil des Spendenvolumens aufbringen (Kreuzer 2007) und jener, dass der Spendenbrief in Papierform von NPOs so stark eingesetzt wurde. Wer jüngere Menschen ansprechen will, muss online gehen. Wer viel Spenden akquirieren will, muss Web 2.0 Tools nutzen.
Denn im Netz bahnt sich eine riesige Umwälzung der Spendenpraxis an. Die Machtverhältnisse verschieben sich zugunsten der Spender. Unzählige Organisationen, Initiativen und Privatleute buhlen um die Aufmerksamkeit von Spendern auf Plattformen wie networkforgood, justgiving, change, kiva usw. Die Konkurrenz für Nonprofits hat sich drastisch erhöht, weil auf den meisten Plattformen auch Privatleute jederzeit eine Fundraising-Seite erstellen können, um für ihr Anliegen (das nicht in einer NPO beheimatet sein muss) Spenden zu sammeln. In Deutschland gibt es seit Neuem die Spenden-Plattform betterplace, wie im Blog kreative Strukturen zu lesen ist. Auch im Rahmen von Communities wie Facebook kann jedes Mitglied eine Spendensammel-Aktion starten Und jeder, der online publiziert, kann mit Widgets für eine gute Sache werben.
Fazit: Nonprofit-Organisationen verwalten nicht mehr alleine den guten Zweck und sind hier auch nicht die einzigen, die um Spenden bitten. Vielmehr gibt es für sie nun unendlich viel Konkurrenz. In Deutschland ist der Trend noch nicht ganz angekommen, aber er kommt. Der einzelne Bürger entwickelt sich zum Multiplikator für ein Anliegen und für NPOs muss es nun darum gehen, diesen Multiplikator für sich zu gewinnen. Auch das funktioniert in großem Maßstab nur online und über interaktive Instrumente wie Communities, Weblogs, Foren etc. Viele Gründe, die dafür sprechen, sich mit dem Internet zu befassen. Frage: wann wachen Nonprofit-Organisationen aus ihrer Starre (oder ihrem Tiefschlaf?) endlich auf?