Dies ist der dritte Beitrag einer kleinen, wöchentlichen Artikelserie hier im Blog zum Thema “Quartiersvernetzung”. Nach dem ersten Beitrag, warum Quartiersvernetzung wichtig ist, ging es im zweiten Blogartikel um den Wissensaustausch unter den örtlichen Stadtteilvernetzern. Der untenstehende Beitrag nimmt nun die engagierten Bürger, die als Vernetzer tätig sind, und die Rolle der Freiwilligenagenturen in den Blick. Die nächsten drei Beiträge beziehen sich auf die örtliche Wirtschaft, Sozialunternehmen und Kirchen in der Quartiersvernetzung.
Quartiersvernetzung braucht engagierte Bürgerinnen und Bürger: Aktive, die bei bestehenden Projekten mitmachen, eigene Projektideen einbringen und umsetzen oder selbst eine Vernetzungsinitiative im Quartier starten. Wie gut sind die etablierten Institutionen zur Förderung des Freiwilligenengagements auf das Vernetzungsthema eingestellt und auf Bürger/innen, die selbst ein Quartiersvernetzungsprojekt initiieren möchten?
Man wird als Interessent in Freiwilligendatenbanken nicht durchgängig Kategorien und Treffer finden zum Thema “Quartiersprojekt/Nachbarschaft/Gemeinwesenarbeit/Vernetzung”. Inwieweit man von Freiwilligenagenturen inhaltliche Unterstützung erhält, wenn man selbst ein sozialräumliches Vernetzungsprojekt starten möchte, wird ebenfalls von Fall zu Fall unterschiedlich sein, denn viele Freiwilligenagenturen setzen eher auf das traditionelle “Matching”, bei dem Bürger/innen sich aus dem Pool an ehrenamtlichen Jobs, die von gemeinnützigen Organisationen eingestellt werden, ein Angebot auswählen können.
Immerhin steht in der “Augsburger Erklärung” der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen, dass die Engagementpolitik sich stärker am Sozialraum orientieren sollte und die Ermöglichung von Engagement statt die Erledigung bestimmter Aufgaben im Vordergrund stehen müsste. Aber faktisch sind die Profile von Freiwilligenagenturen so unterschiedlich, ist ihre finanzielle Ausstattung häufig so prekär und ihr Vernetzungsgrad mit den sie umgebenden Institutionen in der Regel so gering, dass fraglich ist, inwieweit sie diese Ansprüche – Sozialraumorientierung, Ermöglichung von Bürgerprojekten – auch umsetzen können.
Im Generali Engagementatlas 2015 ist nachzulesen, dass die “Unterstützung neuer Engagementprojekte und Projektideen von Bürger/-innen” nur eine mittlere Bedeutung bei Freiwilligenagenturen genießt (S. 19). Ferner ist hier dokumentiert, dass sich die Angebote der Freiwilligenagenturen überwiegend an Senioren richten und manche Bevölkerungsgruppen- wie bspw. Studierende – nur selten angesprochen werden (S. 21f).
Keine Informationen finden sich darüber, ob Freiwilligenagenturen Kontakt zur lokalen Social Startup-Szene haben, welche eine wichtige Schnittstelle für Freiwilligenagenturen sein könnte: denn die Ermöglichung von Bürgerengagement kann auch in die Entwicklung von Sozialunternehmen münden. Dass es durchaus das Interesse auf Bürgerseite gibt, eigene gemeinnützige Projekte professionell aufzubauen, umzusetzen und mit ihnen zu wachsen, zeigen Events wie die openTransferCamps , Social Impact – oder Social Innovation Camps.
Welche Unterstützung brauchen Bürger/innen, die sozialräumliche Netzwerke im Quartier aufbauen? Aus eigener Erfahrung weiß ich: man braucht vor allem Wissen darüber, wie Vernetzungsprozesse funktionieren, man braucht Vernetzungskompetenzen, Kontakte zu den örtlichen Institutionen und in die Zivilgesellschaft hinein und den Zugriff auf Räume. Sofern man nicht unter dem Dach einer Einrichtung tätig ist, sind die Möglichkeiten, als Quartiersvernetzer/in Weiterbildung, Beratung und Supervision in Anspruch zu nehmen, begrenzt bis gar nicht vorhanden.
Dabei wäre es sinnvoll, wenn Gemeinnützige Patenschaften für Stadtteilvernetzer übernehmen und hier als Mentoren wirken würden. Zwar fehlt vielen Stadtteileinrichtungen selbst noch das notwendige Vernetzungs-Knowhow und der quartiers- bzw. gemeinwesenorientierte Blick. Aber langfristig könnten die Unterstützung bürgerschaftlicher Vernetzer und die Initiierung eigener Quartiersnetzwerke wichtige Standbeine für Nonprofits werden, um ihre zivilgesellschaftliche Anbindung zu stärken.
Quartiersvernetzung braucht viele engagierte Bürger/innen, die mitmachen und selbst Netzwerke aufbauen. Die örtlichen Strukturen, die das Bürgerengagement fördern wollen, sollten so gestaltet sein, dass Engagierte, die über institutionelle Grenzen hinweg bzw. in Sozialräumen tätig sind, auch Rat und Unterstützung erhalten.
Ein Gedanke zu „Quartiersvernetzung fördern (Teil 3) – Bürgerprojekte ermöglichen“