Dieses Weblog verfügt nun auch über ein Forum, in dem Sie Fragen rund um das Thema Web 2.0 und Nonprofits stellen können. Die Beantwortung technischer Fragen übernimmt Frau Dr. Cora Burger, die als Informatikerin, Webdesignerin und Web 2.0-Expertin die Fachfrau für entsprechende Themen ist. Wenn Sie wissen möchten, was man mit Social Software in Sozialorganisationen alles machen kann und wie man damit die Beziehungen zu den Stakeholdern verbessert, dann kann ich Ihnen weiterhelfen. Ich freue mich auf den Gedankenaustausch mit Ihnen.
Kategorie-Archiv: Social Software
Wikis und Macht
Im do it! Magazin der MFG Baden Württemberg steht eine gute Zusammenfassung dessen, was die ‘neue’ Social Software bedeutet und wohin die Reise gehen wird. “Früher hieß es:’Wissen ist Macht’. Diesem Spruch lag das Verständnis von Herrschaftswissen zugrunde, das nur wenigen zur Verfügung stand.Heute muss es heißen:’Geteiltes Wissen ist Macht!’. Die neuen Paradigmen des globalen Megatrends Vernetzung sind sich öffnen, teilen und verbinden – über Branchengrenzen hinaus (..)” (S. 02).
Wikis, Weblogs, Social Bookmarking – all diese Tools führen zur Dezentralisierung von Wissen und Macht, am stärksten wird dieses Phänomen sicher im Fall von Wikis sein. Wenn man Wissen und damit Macht mit anderen teilen muss, dann löst dies Verlustängste auf Seiten der Organisation und ihrer Mitarbeiter aus. Speziell die Fachkräfte von sozialen Dienstleistern sehen ihre herausragende Position bedroht. Ihre Einstellung ist häufig: ‘wo kommen wir denn hin, wenn plötzlich Ehrenamtliche, Kunden, Sponsoren, Bürger eines Stadtteils usw. bei der Leistungsentwicklung und -umsetzung mitsprechen? Laien haben doch von den Sachthemen keine Ahnung und machen uns unsere schönen Arbeitsansätze kaputt.’
Wie kann man diesen Verlustängsten begegnen?
Grundsätzlich muss man auf die Abhängigkeit der Nonprofit-Organisation von ihrer Umwelt hinweisen. Wer Ressourcen in Form von Geld, Informationen, politische Unterstützung usw. von außen erhalten möchte, muss sich auf die Austauschpartner einstellen und mit ihnen zusammenarbeiten. Die Abhängigkeit der NPO von externen Partnern bringt mit sich, dass jene Macht und Einfluss erhalten. Gewährt eine Organisation diese Mitwirkungsmöglichkeiten nicht, dann reduzieren die Partner ihren Ressourcenfluss oder halten Ressourcen ganz zurück. Vielleicht ist dies der Grund dafür, dass der Anteil von Spenden und Sponsorengeldern in NPOs so niedrig und die Vernetzung mit der Gesellschaft noch so suboptimal ist.
Die NPOs und ihre Mitarbeiter sollten Verlustängste beiseite legen und sich fragen: wie können wir von einer Öffnung nach außen und einer stärkeren Vernetzung profitieren? Im Fall von Wikis: wir geben Wissen preis und damit Macht ab, gleichzeitig erhalten wir von unseren Bezugsgruppen aber zahllose Ressourcen zurück. Darunter sind Ressourcen, von denen wir vorher nicht wussten, dass ein Partner überhaupt über sie verfügt.
Voraussetzung für ein Ablegen der Verlustängste ist, dass man die Austauschpartner wertschätzt und sie für leistungsfähig hält. Wer die Kompetenzen der Bezugsgruppen unterschätzt, wird weniger Ressourcen einfahren als eine Einrichtung, die ihre Stakeholder für kompetent hält.
Wiki Revolution
Wikis werden die Arbeitswelt verändern. Und hier nicht nur die Art und Weise, wie wir Informationen sammeln und uns mit anderen abstimmen. Verändern wird sich durch Wikis, wie Organisationen mit internen und externen Bezugsgruppen umgehen. Deshalb muss man die neuen Tools des Web 2.0 ganz eng im Zusammenhang mit dem Management der Stakeholder einer Einrichtung sehen.
Kunden werden langfristig viel stärker an der Entwicklung von Leistungen beteiligt sein. In Zukunft wird eine Nonprofit-Organisation ein öffentliches Wiki anbieten, das die Wünsche und Bedürfnisse potentieller externer Kunden abfragt, um den eigenen Leistungskatalog entsprechend gestalten zu können. Wer auf diese Informationen von außen verzichtet, wird am Markt vorbeiplanen. Das wäre speziell im Altenhilfesektor fatal, wo es immer mehr Anbieter und vor allen Dingen immer mehr gewerbliche Anbieter gibt, die zu Lasten des Nonprofit-Bereichs auf den Markt drängen. Folglich wird es in einigen Jahren Nonprofit-Wikis geben, die ihre potentielle Kunden fragen: wie wollen Sie im Alter leben? Präferieren Sie ambulante oder stationäre Hilfen? Wie hoch wird Ihr Budget für Altenhilfeleistungen sein? Für welche Bereiche wünschen Sie sich qualifiziertes Personal? In welchen Leistungsbereichen können Sie angelernte Hilfskräfte akzeptieren? Usw.
Schnell wir sich herausstellen, dass eigentlich niemand von der Kundschaft in ein klassisches Pflegeheim will und niemand etwas gegen angelernte Hilfskräfte im ambulanten Bereich hat, wenn es darum geht, Begleitung zu erhalten oder die hauswirtschaftlichen Dinge erledigt zu bekommen.
Nonprofits werden sich dem Trend, der mit den neuen Web 2.0-Tools einher geht, nämlich sich nach außen hin zu öffnen, nicht entziehen können. Die eher autistischen Zeiten, die mit dem traditionellen korporatistischen System im Sozialbereich verbunden waren, sind unwiderruflich vorbei. Aber das ist kein Verlust. Offenheit, Teilen und Vernetzen führen zu mehr Umsätzen. Reich werden durch soziales Kapital – das ist ein Ziel, das Nonprofit-Organisationen ganz oben auf ihrer Agenda aufführen sollten.