SocialCamp Berlin 14.-15. Juni 2008

Von Basti Schwiecker habe ich die Information, dass im Juni ein SocialCamp in Berlin stattfindet. Es soll Internetexperten mit Nonprofit-Organisationen zusammenführen, um auszuloten, welche Chancen das Internet gemeinnützigen Einrichtungen bietet. Da das Treffen von den Teilnehmern inhaltlich selbst gestaltet wird, gibt es genügend Möglichkeiten, um sich einzubringen.

Die Idee eines SocialCamp stammt u.a. von Stefan Evertz, auf dessen Blog es hierzu sehr positive Reaktionen gab. Nun haben sich offensichtlich ein paar Leute gefunden, die das Treffen organisieren wollen. Zum Beispiel der oben erwähnte Basti Schwiecker von Helpedia, einer Informationsplattform für und über den gemeinnützigen Sektor, die momentan in der Alpha-Version läuft.

Ich persönlich werde beim SocialCamp dabei sein und hoffe, dass es ein interessantes Treffen wird!

Nonprofits als geschlossene Systeme

Vielleicht bewirkt der Fall Unicef eine Wende im Nonprofit-Sektor. Er zeigt, dass sich Intransparenz, Verdecken und Abstreiten nicht auszahlen. Früher oder später kommen die kritischen Dinge doch an die Öffentlichkeit. Der Schaden ist dann um so größer. Die Druckausgabe der Stuttgarter Zeitung zitiert heute eine Umfrage, nach der jeder vierte in Deutschland von der Unicef-Affäre verunsichert ist und weniger Geld spenden möchte. Die Schäden inbesondere für Entwicklungshilfeträger sind noch nicht absehbar. Möglicherweise verändern Spender ihre Strategie und unterstützen eher Projekte im Nahbereich. Gewinner der Affäre könnten bürgerschaftliche Initiativen ohne Verwaltungsapparat sein, die mit ihrem Namen dafür einstehen, dass Spenden zu 100% bei den Adressaten ankommen.

Professionelle Nonprofit-Organisationen haben sich dieses Misstrauen der Öffentlichkeit selbst zuzuschreiben. Seit Jahrzehnten und auch noch heute ähneln die meisten dieser Organisationen einer Black Box, – keiner weiß so genau, was sich in ihrem Innern abspielt. Verantwortlich hierfür ist die defensive Haltung der gemeinnützigen Träger: man versteckt sich eher vor den Stakeholdern als dass man sie offensiv umarmen würde.

Der Dialog mit den Spendern findet nicht auf Augenhöhe statt. Sonst müsste man den Einsatz von professionellen Fundraisern, der zwischenzeitlich zur Normalität gehört (vgl. den Artikel in der Wirtschaftswoche), nicht verbergen, sondern würde ihn öffentlich machen und es dem Urteil des Spenders überlassen, ob er eine Spende unter diesen Bedingungen tätigen möchte. Dem Spender wird diese Chance aber nicht eingeräumt.

Vielleicht ist das Expertentum in den Nonprofits verantwortlich dafür, dass Spender zwar gern gesehene Ressourcenbeschaffer sind, aber als inhaltliche Gesprächspartner nicht ernst genommen werden. Das hierarchische Gefälle zwischen Experten und Laien ist im Sozialsektor meines Erachtens stark ausgeprägt und Ursache dafür, dass Nonprofits in ihrer Innovationsfähigkeit und ihrem Vernetzungsgrad weit hinter dem zurückbleiben, was möglich wäre.

Fundraising-Plattformen und die Effektivität von Spenden

Online Fundraising-Plattformen fördern die Entstehung neuer Hilfsprojekte, denn der Eintritt in den Spendenmarkt wird für ein Projekt durch Plattformen sehr einfach. Speziell kleinere Initiativen mit geringem Budget profitieren hiervon. Anstatt Adressen von potentiellen Spendern sammeln oder kaufen zu müssen, stapelweise Spendenbriefe zu drucken etc. reicht die (kostengünstige oder sogar kostenlose) Anmeldung auf einer Plattform.

Es entstehen so Märkte, auf denen der potentielle Spender zwischen hunderttausenden von Trägern und unzähligen Hilfsprojekten wählen kann. Wie effektiv ist dieses Fundraising-System, bei dem die Spenden wie mit der Gießkanne auf tausende von Empfängern verteilt werden?

Die Fundraising-Plattformen bieten in der Regel keinen Mechanismus, um Spendenströme effektiv zu steuern. Man überlässt hier alles dem Spendenmarkt bzw. dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Eine Ausnahme bilden Fundable, ThePoint und GiveMeaning, die jeweils eine bestimmte Zahl von Unterstützern voraussetzen, bevor Spenden oder Kampagnen wirksam werden.

Um die Effektivität des Systems müssen sich folglich die Nonprofit-Organisationen selbst kümmern. Give and Take befasst sich mit Rosetta Thurmans These, dass Nonprofits kooperieren sollten, um ihre Kräfte zu bündeln. Nur die Kooperation zwischen Trägern ermögliche Ihnen, im Wettbewerb um Spendern, Kunden und Mitarbeitern zu bestehen. Und nur die Kooperation verhindere, dass mit Ressourcen (und damit auch Spenden) xfach dieselbe Infrastruktur parallel aufgebaut werde.

Was ist Thurmans Rat an engagierte Menschen, die selbst ein Hilfsprojekt starten wollen und einen Auftritt auf einer Fundraising-Plattform planen? “Even if you think your idea for social change is the best ever in the world, there is at least a handful of organizations already doing this work” (Thurman). Deshalb empfiehlt sie sozial Engagierten, nach einer Nonprofit-Organisation zu suchen, die das ausgewählte Thema schon bearbeitet, und sich hier um Partizipationsmöglichkeiten zu bemühen.

Auf jeden Fall macht es meines Erachtens keinen Sinn, das hunderttausendste Projekt zur Entwicklungshilfe oder ähnlichem zu starten und mit anderen winzigen Trägern auf Plattformen um ein paar Euro oder Dollar zu konkurrieren. Das beruhigt vielleicht das Gewissen der engagierten Akteure, aber ist nicht unbedingt effektiv. Die Spenden sind meiner Meinung nach bei größeren Trägern oder Trägerkooperationen mit entsprechender Expertise, Erfahrung und Verwaltung besser angelegt.