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Web 2.0 – die ersten Schritte für Nonprofits (I)

Mit welchen Web 2.0-Instrumenten soll eine gemeinnützige Organisation starten? Ich würde speziell wohlfahrtsverbandlichen Einrichtungen zu folgendem Vorgehen raten:

1. Schritt: Einführung eines Organisations-Weblogs, Einrichtung von persönlichen Wikis an den Arbeitsplätzen.

Das Weblog kann anfangs nicht-öffentlich geführt werden, um Erfahrung mit diesem neuen Kommunikationsinstrument zu sammeln. Schreiben sollten es ein oder mehrere Mitglieder der Organisationsführung. Mittelfristig sollte das Weblog veröffentlicht werden. Seine Funktion: Information der Öffentlichkeit, Schärfung des eigenen Profils (sehr wichtig!), Bindung von externen Akteuren an die Organisation, Aufbau einer Community.

Im Unterschied zu gedrucktem Material ist ein Weblog hochaktuell und offener formuliert als papierne Unterlagen. Dies birgt Risiken (ist die Organisation bereit, sich nach außen hin als offene, plurale Organisation zu präsentieren oder verschanzt sie sich aus Sicherheitsgründen hinter einer hierarchischen Fassade?).

Ein Weblog bietet aber auch Chancen. Die größte Chance liegt darin, dass die Organisation durch die Spontaneität des Blogs und seinen unmittelbaren Stil ein menschliches Gesicht erhält. Hier kann die Botschaft der Organisation täglich neu vermittelt werden. Und die Menschen suchen Botschaften. Sie interessieren sich nicht so sehr für Leistungsdaten, sondern in erster Linie für Botschaften bzw. die ‘Seele’ einer Organisation. Nur wenn man angezogen wird von dieser Botschaft, ist man bereit zu spenden, sich ehrenamtlich zu engagieren oder einen Angehörigen dort in Betreuung zu geben.

Neben einem (mittelfristig) öffentlichen Weblog sollten die Mitarbeiter über ein persönliches Wiki verfügen, damit jeder in der Organisation den Umgang mit einem Wiki lernen kann. Eigentlich sind Wikis kollaborative Instrumente, die der Kommunikation und Abstimmung zwischen Menschen dienen. Aber die Chancen, die hierin liegen, kann der Einzelne am besten verstehen, wenn er mit Hilfe von Wikis seine eigene Arbeit besser organisieren konnte.

Wiki Revolution

Wikis werden die Arbeitswelt verändern. Und hier nicht nur die Art und Weise, wie wir Informationen sammeln und uns mit anderen abstimmen. Verändern wird sich durch Wikis, wie Organisationen mit internen und externen Bezugsgruppen umgehen. Deshalb muss man die neuen Tools des Web 2.0 ganz eng im Zusammenhang mit dem Management der Stakeholder einer Einrichtung sehen.

Kunden werden langfristig viel stärker an der Entwicklung von Leistungen beteiligt sein. In Zukunft wird eine Nonprofit-Organisation ein öffentliches Wiki anbieten, das die Wünsche und Bedürfnisse potentieller externer Kunden abfragt, um den eigenen Leistungskatalog entsprechend gestalten zu können. Wer auf diese Informationen von außen verzichtet, wird am Markt vorbeiplanen. Das wäre speziell im Altenhilfesektor fatal, wo es immer mehr Anbieter und vor allen Dingen immer mehr gewerbliche Anbieter gibt, die zu Lasten des Nonprofit-Bereichs auf den Markt drängen. Folglich wird es in einigen Jahren Nonprofit-Wikis geben, die ihre potentielle Kunden fragen: wie wollen Sie im Alter leben? Präferieren Sie ambulante oder stationäre Hilfen? Wie hoch wird Ihr Budget für Altenhilfeleistungen sein? Für welche Bereiche wünschen Sie sich qualifiziertes Personal? In welchen Leistungsbereichen können Sie angelernte Hilfskräfte akzeptieren? Usw.

Schnell wir sich herausstellen, dass eigentlich niemand von der Kundschaft in ein klassisches Pflegeheim will und niemand etwas gegen angelernte Hilfskräfte im ambulanten Bereich hat, wenn es darum geht, Begleitung zu erhalten oder die hauswirtschaftlichen Dinge erledigt zu bekommen.

Nonprofits werden sich dem Trend, der mit den neuen Web 2.0-Tools einher geht, nämlich sich nach außen hin zu öffnen, nicht entziehen können. Die eher autistischen Zeiten, die mit dem traditionellen korporatistischen System im Sozialbereich verbunden waren, sind unwiderruflich vorbei. Aber das ist kein Verlust. Offenheit, Teilen und Vernetzen führen zu mehr Umsätzen. Reich werden durch soziales Kapital – das ist ein Ziel, das Nonprofit-Organisationen ganz oben auf ihrer Agenda aufführen sollten.

Unverwechselbar

In meinem Lieblingsweblog von Michele Martin habe ich im März eine Frage gelesen, die Nonprofit-Organisationen ihren Stakeholdern jeden Tag stellen sollten: “Would you miss us if we were gone?”. In dem Beitrag ging es um ‘evaluating impact’. Was würden die Stakeholder auf diese Frage antworten? Nur 8% der Erwachsenen kennen laut einer Umfrage die Diakonie als Träger von Diensten und Einrichtungen. Da sich die Leistungen zwischen den Anbietern angleichen, ist oft nicht mehr klar, wo der Unterschied im Serviceangebot zwischen den einzelnen Nonprofit-Organisationen und zwischen NPOs und gewerblichen Trägern ist. Jede Einrichtung muss sich deshalb überlegen, welchen Mehrwert sie bietet, um dessentwillen ihre Stakeholder sagen könnten: “ja, wir würden Euch vermissen, wenn Ihr nicht mehr da wärt”.