Dank der Kommentare zu meinem letzten Beitrag über Fundraising-Plattformen im Netz habe ich mich noch einmal auf die Suche nach Plattformen gemacht, die hier in Deutschland bzw. im deutschsprachigen Raum Spender und gemeinnützige Organisationen zusammenbringen wollen. Bei npo-info.de bin ich auf eine Charity-Website-Analyse aus dem Jahr 2007 gestoßen, die u.a. die Reichweite von Spendenportalen untersucht und eine Liste mit hiesigen gemeinnützigen und kommerziellen Plattformen enthält. Diese Plattformen habe ich mir angesehen und wie folgt klassifiziert:
- Plattformen, die NPO-Verzeichnisse bieten mit Links auf die Webseite der jeweiligen gemeinnützigen Organisation, wo dann auch gespendet werden kann (das sind lediglich Fundraising-Plattformen im weitesten Sinne): hilfsorganisationen.de, charity-label.com, helpedia.org (im Aufbau)
- Plattformen, die für bestimmte Zwecke Spenden sammeln: gutetat.de konzentriert sich auf Sachspenden und ehrenamtliche Hilfe für kleinere und mittlere Hilfsprojekte, die auf individuellen Initiativen basieren. Der räumliche Schwerpunkt für die freiwilligen Helfer liegt derzeit noch auf Berlin und München. Wer in einem Projekt mithelfen möchte, muss zu den örtlichen Treffen kommen, d.h. es wird hier nicht alles online geregelt.
- Plattformen, die Spenden für registrierte Nonprofit-Organisationen sammeln: über spendenportal.de werden Geld- und Sachspenden direkt an gemeinnützige Organisationen geleitet. Es gibt auch die Möglichkeit, sich für ein freiwilliges Engagement zu melden. Originell ist die Ausgabe von Sozialaktien, falls man eine Einrichtung dauerhaft unterstützen möchte. Spendenbuttons und Plattform-Logo können auf private Webseiten geladen werden. Bei helpdirect.org kann ebenfalls direkt an eine Organisation gespendet werden. Wer sich für keine entscheiden kann, zahlt das Geld in thematisch gegliederte Spendenpools ein, deren Mittel dann vom Vorstand der gemeinnützigen Plattform an Hilfsprojekte verteilt werden. helpdirect erstellt zudem für Interessenten individuelle Spendenbutton, so dass man auf den eigenen Webseiten zeigen kann, welches konkrete Projekt man unterstützt (nicht nur welche Organisation). Spenden.de wurde von einem Softwareunternehmen gegründet. Es können sich hier gemeinnützige Organisationen eintragen, an die man über die Plattform direkt spenden kann.
- Plattformen, auf denen neben Organisationen auch Einzelpersonen ein Projekt vorschlagen können: betterplace.org. Für das jeweilige Projekt wird eine eigene Seite mit Projektblog, Photos, Unterstützer, Spendenbarometer etc. erstellt.
- Plattform, die Banner anbietet, welche auf die Seiten gemeinnütziger Organisationen verlinken (d.h. eine direkte Spende ist hier nicht möglich): web2help.de
- Einkaufs- und Auktions-Plattformen, bei denen der Spender gleichzeitig einen sozialen Zweck unterstützen kann: socialpower.net und ycare.de
- Plattformen, die nicht nur den Kontakt zu NPOs herstellen, sondern auch ein Netzwerk bieten, in dem man nach Unterstützern für eine gute Sache suchen kann: betterplace.org.
Laut der Charity-Website-Analyse von npo-info, die über einen vierwöchigen Zeitraum mit Hilfe von statbrain.com erstellt wurde (wie zuverlässig ist dieses Tool?), schneidet helpdirect.org als Marktführer bei den Spendenportalen ab.
Grundsätzlich hatte ich beim Durchforsten all der hier vorgestellten Seiten den Eindruck, dass sich hier noch vieles im Entwicklungsstadium befindet. Die Zahl der bei den Plattformen registrierten Organisationen ist noch bescheiden im Vergleich zu den amerikanischen Vorbildern, wo man z.B. bei change.org in einer Datenbank unter 1,5 Mio. Nonprofits auswählen kann. Ebenso bescheiden wird auf manch einer Spenden-Plattform das Spendenaufkommen sein. Auch hier schneiden amerikanische Plattformen sehr gut ab, siehe networkforgood.org, wo seit 2001 über 100 Mio. Dollar Spenden eingesammelt wurden.
Sicherlich ist die unterschiedliche Spendentradition in den USA hierfür mitverantwortlich und die hier weiter entwickelte Nutzung des Internets. In Deutschland waren im ersten Halbjahr 2007 die über 50-Jährigen für 70% der Spenden verantwortlich (vgl. Deutscher Spendenrat). Und diese Altersgruppe ist nicht durchgängig im Netz vertreten. Andererseits haben es die NPOs noch nicht geschafft, die Ressourcen der Jüngeren und der Menschen mit hohem Einkommen anzuzapfen. Für diese Zielgruppen, – die übrigens, wenn sie spenden, einen viel höheren Betrag geben als die ältere Generation, sind Spenden-Plattformen eine gute Einrichtung.
Nur: allein mit bürgerschaftlichen Projekten und Initiativen wird man nicht den Traffic auf die obigen Plattformen bringen bzw. das Spendenaufkommen erzielen, das sich alle wünschen. Hier in Deutschland ist der dritte Sektor (= der Nonprofit-Bereich) zu einem guten Teil verbandlich verfasst. Man muss demnach die großen Dienstleistungsanbieter ins Boot bekommen, wenn man eine große und erfolgreiche Plattform betreiben will. Wenn sämtliche Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege in einer Plattform registriert wären, könnte man als Spender aus einer Datenbank mit rd. 100 000 Einrichtungen auswählen. In den USA gibt es mit guidestar.org eine riesige NPO-Datenbank, die mehreren Spenden-Plattformen zur Verfügung steht. Vielleicht würde ein solch umfassender Informationspool manche Spenden-Plattform attraktiver machen?