Kategorie-Archiv: Ressourcen

Sind Nonprofits Netzwerker?

Wie arbeiten Nonprofits an der Basis, wenn sie mit der Umsetzung eines öffentlichen Programms betraut sind? Verhalten sie sich als Netzwerker oder pflegen sie einen eher bürokratischen Arbeitsstil, der wenig nach außen hin orientiert ist?

Diese Frage wurde vor Jahren von australischen Wissenschaftlern untersucht und gewinnt neue Bedeutung vor dem Hintergrund von Web 2.0, das auch mit dem Begriff ‘Social Media’ belegt wird. ‘Social Media’ sagt aus, um was es bei Web 2.0 eigentlich geht: um die stärkere Vernetzung von Menschen und Organisationen über das Internet. Ein erneuter Blick in die empirische Studie von Mark Considine/Jenny M. Lewis aus dem Jahr 1999 (PAR ) lohnt sich also. Denn so viel wissenschaftliche Untersuchungen existieren zu diesem Thema nicht.

Die beiden Forscher wollten wissen, welche Arbeitshaltung die Frontline Worker von gemeinnützigen, gewerblichen und staatlichen Einrichtungen einnehmen bei der Umsetzung eines öffentlichen Programms für australische Langzeitarbeitslose. 345 Interviewpartner standen zur Verfügung. Das Ergebnis der Untersuchung:

Entgegen den Erwartungen erweisen sich Nonprofits nicht als Netzwerker, sondern als ‘Prozeduralisten’ . Während Netzwerker Wert auf Austauschbeziehungen, Verhandlungen und die Kooperation von Diensten legen, sind Prozeduralisten stark regel- und aufsichtsorientiert, haben wenig Interesse an der Evaluation ihrer Leistungen und konzentrieren sich auf standardisierte Leitungen für ihre Klientel.

Prozeduralisten würde man eher auf staatlicher Seite erwarten (hier gibt es aber keine dominante Arbeitshaltung), aber nicht bei Nonprofit-Organisationen, die doch eine andere Philosophie vertreten und sich als unbürokratischer und flexibler als staatliche Organisationen begreifen.

Aber die Studie legt dar, dass die jeweilige Arbeitshaltung der Fontline Worker interessanterweise nichts mit dem jeweiligen Organisationstyp (öffentlich, gemeinnützig, gewerblich) oder der Organisationsphilosophie zu tun, hat sondern mit der Ressourcenausstattung bzw. den Beschränkungen, denen eine Organisation unterworfen ist.

Nonprofits sind, verglichen mit staatlichen oder privatwirtschaftlichen Organisationen, in einer unsicheren Position. Sie verfügen laut Considine/Lewis nur über begrenzte Ressourcen und haben größere Probleme im Umgang mit der Informationstechnologie und der Fortbildung der Mitarbeiter. Darin liegen den Autoren zufolge die Hauptgründe für die konservative Arbeitshaltung und -praxis von Nonprofits.

Dies bedeutet aus meiner Sicht, dass man zuerst die Ressourcensituation von Nonprofits verbessern muss, bevor man von ihnen einen anderen Arbeitsstil erwarten kann. Eine gute Infrastruktur ist unerlässlich, um sich von bürokratischen Handlungsmustern zu lösen und entspannter mit der Umwelt interagieren zu können.

Allerdings muss man an dieser Stelle auch kritisch hinterfragen, ob die Ressourcenängste von Nonprofits einen realen Hintergrund haben, oder ob es sich hier um eine organisationale Ressourceneinschätzung handelt, die mit der objektiven Ressourcensituation nicht unbedingt übereinstimmt. Denn unentdeckte Ressourcen und Potentiale existieren definitiv in Nonprofit-Organisationen – man denke nur an die Kompetenzen/Mittel von Ehrenamtlichen, Spendern, Unterstützern und Angehörigen. Es kommt darauf an, diese Schätze auch zu bergen. Aber hier wirkt sich die Staatsfixierung deutscher Nonprofit-Organisationen (vor allem im Bereich sozialer Dienste) negativ aus – die bürgerschaftlichen Ressourcen werden nicht so hoch bewertet und pfleglich behandelt wie die staatlichen Mittel.

Es wäre jedenfalls ein wichtiges Ziel, sich in Nonprofits mit Hilfe von Unterstützern um eine bessere Infrastruktur zu bemühen. Insbesondere die Ausstattung mit PCs und Internetanschlüssen sollte besser werden, um die Fundraising- und Vernetzungsressourcen, die das Internet bietet, effektiver nutzen zu können.

Die richtigen Web2.0-Tools wählen – Auswahlmethoden für NPOs

Wie kann eine Organisation die für sie passenden Web2.0-Technologien auswählen? Es gibt zwei unterschiedliche Herangehensweisen: entweder eine zentral geplante oder eine inkrementalistische, die nicht von oben gesteuert wird, sondern sich im Arbeitsalltag Schritt für Schritt ergibt.

Leyla Farah vom amerikanischen PR-Blog Cause+Effect beschreibt in einem Beitrag die top-down- Strategie auf der Basis der ‘POST’-Methode von Forrester Research. POST steht für ‘People, Objectives, Strategy, Technology’ und umfasst die vier folgenden Schritte in der angegebenen Reihenfolge:

1. People/Zielgruppen

Die Organisation klärt mit Hilfe einer Umfrage, wie ihre Zielgruppen das Internet nutzen. Inwieweit arbeiten ihre Adressaten schon mit Social Software?

2. Objectives/Ziele

Welche Ziele will die Organisation mit dem Einsatz von Web2.0 erreichen? Die POST-Methode empfiehlt, zwischen kurz- und langfristigen Zielen zu unterscheiden und anzugeben, mit Hilfe welcher Daten die Zielerreichung gemessen werden soll

3. Strategy/Vorgehensweise

Mit welchen Mitteln bzw. Web2.0-Tools will man die Organisationsziele erreichen? In dieser Phase ist eine Auseinandersetzung mit den Stärken und Schwächen der einzelnen Instrumente – vor dem Hintergrund des Nutzerverhaltens der Zielgruppen – notwendig. Es ist abzuklären, welche Anwendung am besten den eigenen Zielen dient und mit den vorhandenen Organisationsressourcen umgesetzt werden kann.

4. Technology/Auswahl der Instrumente

Jetzt ist die Organisation in der Lage, die passenden Web2.0-Tools auszuwählen und den Umsetzungsprozess zu planen.

Bei Schritt 1 (Analyse der Zielgruppen) werden insbesondere Nonprofit-Organisationen feststellen, dass bei ihren Adressaten eine bestimmte Altersgruppe bzw. Generation dominiert. Dabei ist es wichtig, wie Leyla Farah in einem weiteren interessanten Beitrag schreibt, dass möglichst mehrere Generationen angesprochen und motiviert werden, sich für die NPO einzusetzen. Nur wenn die Adressaten über unterschiedliche Altersgruppen gestreut sind, ist ein langfristiger Ressourcenzufluss für die Organisation gesichert. Jede Generation muss dabei auf die ihr angemessene Art und Weise angesprochen werden, d.h. es ist wichtig, unterschiedliche Kommunikationswege zu bedienen, online und offline.

Ganz anders als die top-down-Strategie ‘POST’ funktioniert die bottom-up-Methode, in einer sich dafür anbietenden Arbeitssituation mit einer Web2.0-Anwendung zu beginnen. Diese Methode beschreibt Christian Kreutz von crisscrossed.net in einem Beitrag, der die Einführung von Web2.0 in seiner Organisation beschreibt. Er empfiehlt ein Wiki zum Einstieg, das zum Protokollschreiben oder zur organisatorischen Abstimmung benutzt werden kann. Wichtig ist ihm zufolge, eine Situation auszusuchen, in der herkömmliche Arbeitsmethoden an ihre Grenzen stoßen bzw. der Nutzen von Web2.0 für alle schnell sichtbar wird.

Fundraising-Plattformen und die Effektivität von Spenden

Online Fundraising-Plattformen fördern die Entstehung neuer Hilfsprojekte, denn der Eintritt in den Spendenmarkt wird für ein Projekt durch Plattformen sehr einfach. Speziell kleinere Initiativen mit geringem Budget profitieren hiervon. Anstatt Adressen von potentiellen Spendern sammeln oder kaufen zu müssen, stapelweise Spendenbriefe zu drucken etc. reicht die (kostengünstige oder sogar kostenlose) Anmeldung auf einer Plattform.

Es entstehen so Märkte, auf denen der potentielle Spender zwischen hunderttausenden von Trägern und unzähligen Hilfsprojekten wählen kann. Wie effektiv ist dieses Fundraising-System, bei dem die Spenden wie mit der Gießkanne auf tausende von Empfängern verteilt werden?

Die Fundraising-Plattformen bieten in der Regel keinen Mechanismus, um Spendenströme effektiv zu steuern. Man überlässt hier alles dem Spendenmarkt bzw. dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Eine Ausnahme bilden Fundable, ThePoint und GiveMeaning, die jeweils eine bestimmte Zahl von Unterstützern voraussetzen, bevor Spenden oder Kampagnen wirksam werden.

Um die Effektivität des Systems müssen sich folglich die Nonprofit-Organisationen selbst kümmern. Give and Take befasst sich mit Rosetta Thurmans These, dass Nonprofits kooperieren sollten, um ihre Kräfte zu bündeln. Nur die Kooperation zwischen Trägern ermögliche Ihnen, im Wettbewerb um Spendern, Kunden und Mitarbeitern zu bestehen. Und nur die Kooperation verhindere, dass mit Ressourcen (und damit auch Spenden) xfach dieselbe Infrastruktur parallel aufgebaut werde.

Was ist Thurmans Rat an engagierte Menschen, die selbst ein Hilfsprojekt starten wollen und einen Auftritt auf einer Fundraising-Plattform planen? “Even if you think your idea for social change is the best ever in the world, there is at least a handful of organizations already doing this work” (Thurman). Deshalb empfiehlt sie sozial Engagierten, nach einer Nonprofit-Organisation zu suchen, die das ausgewählte Thema schon bearbeitet, und sich hier um Partizipationsmöglichkeiten zu bemühen.

Auf jeden Fall macht es meines Erachtens keinen Sinn, das hunderttausendste Projekt zur Entwicklungshilfe oder ähnlichem zu starten und mit anderen winzigen Trägern auf Plattformen um ein paar Euro oder Dollar zu konkurrieren. Das beruhigt vielleicht das Gewissen der engagierten Akteure, aber ist nicht unbedingt effektiv. Die Spenden sind meiner Meinung nach bei größeren Trägern oder Trägerkooperationen mit entsprechender Expertise, Erfahrung und Verwaltung besser angelegt.