Bürger verlangen mehr Mitsprache. Angesichts dieser Entwicklung stößt das reine Dienstleistungs-Paradigma weiter Teile des Dritten Sektors an seine Grenzen. Gemeinnützige Organisationen insbesondere im Sozialbereich brauchen ein neues Selbstverständnis: sie sollten nicht nur Produzenten sozialer Dienste, sondern auch Institutionen sein, die Partizipation ermöglichen und fördern. Gestärkt werden müssten insbesondere jene Engagementformen, die nicht nur auf die einzelne Einrichtung, sondern auf das Gemeinwesen bzw. den öffentlichen Raum zielen.
Wir brauchen nicht den Rückzug und die weitere Entpolitisierung des Dritten Sektors, die mit dessen Ökonomisierung verbunden ist, sondern eine bewusste und entschiedene Hinwendung von Nonprofits zum Gemeinwesen. Notwendig ist ein Blickwinkel, der über das eigene Fachgebiet hinausgeht und die eigene Rolle in der Gesellschaft stärker reflektiert. Welche konstruktiven Aufgaben können NPOs – über ihr Dienstleistungsangebot hinaus – im 21. Jahrhundert noch für die Gesellschaft wahrnehmen? Die Beteiligung von Bürgern und die Stärkung der Interessenvertretungsfunktion zeigen hier neue Wege auf.
Das Internet ermöglicht die Einbindung von Bürgern und die Vertretung von Interessen auf einfachere und weitreichendere Weise als in der Vergangenheit. Spricht man mit gemeinnützigen Einrichtungen über Social Media, bekommt man aber häufig die Antwort, dass eine Einrichtung dem Internet zwar nicht ablehnend gegenüber stehe, aber die Nutzung von Social Media in der eigenen Organisation leider nicht möglich sei, da hierfür kein Geld, kein Personal und keine Zeit zur Verfügung stünden. Dieser Dreiklang (“kein Geld, kein Personal, keine Zeit”) schallt einem wirklich an vielen Orten entgegen.
Die Schwierigkeiten von Nonprofits, Social Media und damit Partizipations- und Interessenvertretungsmöglichkeiten zu nutzen, scheinen das Ergebnis zu bestätigen, dass der gemeinnützige Sektor Probleme hat, wenn es um die Einführung von Innovationen in das eigene Programm- und Dienstleistungsangebot geht. Die amerikanische Studie von Salamon/Geller/Mengel (2010) , für die über 400 gemeinnützige Organisationen aus dem sozialen und kulturellen Bereich befragt wurden, zeigt, dass insbesondere die schlechte Ressourcenausstattung für die Nicht-Einführung von Innovationen verantwortlich ist.
So machen 86% der befragten Einrichtungen fehlende Fördermittel dafür verantwortlich, dass Innovationen im Programm- und Dienstleistungsbereich nicht realisiert werden konnten. 74% beklagen das Fehlen von Kapital, um Innovationen durchgängig zu implementieren und nicht nur in einzelnen Modellprojekten. 70% kritisieren zu enge staatliche Programmrichtlinien, die Neuerungen nicht zuließen. 69% bemängeln, dass Stiftungen Innovationen zwar anschöben, aber nicht langfristig finanzierten. 69% machen fehlende Mitarbeiterstunden, 49% mangelndes KnowHow und 47% die fehlende technologische Ausstattung für die Nicht-Umsetzung von Innovationen verantwortlich (Salamon/Geller/Mengel 2010, 6).
Unter dieser defizitären Situation scheint auch die Einführung von Social Media im Dritten Sektor zu leiden. Online-Dialoge mit Bürgern und deren Teilhabe über das Internet kosten Zeit und Geld, setzen entsprechende Kompetenzen und eine gewisse technologische Ausstattung voraus. All dies kann in gemeinnützigen Organisationen nicht automatisch als gegeben vorausgesetzt werden.
Die Forschungsarbeit von Suárez (2009) relativiert jedoch die Bedeutung von Ressourcen, wenn es um die Einführung von Social Media im gemeinnützigen Sektor geht. Seine empirische Studie (mit 200 geführten Interviews) zeigt, dass im Fall von Online-Beteiligungsangeboten von gemeinnütziger Seite die Mission und das Selbstverständnis einer Einrichtung die entscheidende Rolle spielen, – und nicht die jeweilige Ressourcenausstattung. Wie wichtig nimmt eine gemeinnützige Organisation die Forderungen nach mehr Transparenz und bürgerschaftlicher Teilhabe? Inwieweit begreift sich eine Organisation nicht nur als sozialer Dienstleister, sondern auch als “Policy Entrepreneur”?
Weniger als 3% der gemeinnützigen Dienstleister in den USA betreiben eine aktive Interessenvertretung (Suárez 2009) und die, die sich als aktive Lobbyisten begreifen, verhalten sich angesichts staatlicher Regulierungen und Förderpolitiken sehr vorsichtig. Menschenrechts- und Umweltgruppen machen jedoch erfolgreich vor, wie gut e-advocacy und e-participation miteinander verbunden werden können. Und welch wichtige Rolle die Kampagnenfähigkeit von gemeinnützigen Organisationen spielt, wenn sich ein Träger nicht nur als soziales Unternehmen, sondern auch als bürgerschaftlicher Akteur begreift, der eine Brücke zwischen dem einzelnen und dem Gemeinwesen bzw. dem öffentlichen Raum bildet.
In Deutschland versucht die re:campaign als gemeinnützige Fachkonferenz, Nonprofits im Online-Campaigning zu schulen. Viele interessante Vorträge und Workshops wird es am 16. und 17. April in Berlin geben. Best Practices aus Deutschland und der ganzen Welt, Online-Strategien, Monitoring und Beteiligungsmöglichkeiten an Kampagnen werden gezeigt und diskutiert werden.
Wichtig ist aber, dass man über den instrumentellen Blick auf Kampagnen hinaus – einer Gefahr, der manche Campaigner erliegen – im Blick behält, welche Veränderungen im Selbstbild einer Einrichtung das Campaigning voraussetzt und welche Umdefinition der Rolle des Dritten Sektors in unserer Gesellschaft durch die Stärkung der Interessenvertretungsfunktion notwendig wird. Gemeinnützige Dienstleister werden zu aktiven Mitgestaltern unseres Gemeinwesens und – ganz wichtig – unserer Demokratie. Sie übernehmen die Rolle von “laboraties for citizenship” (Suárez 2009, 270) indem sie Bürger durch Teilhabemöglichkeiten ermächtigen, eine aktive Rolle in unserer Gesellschaft zu spielen.
Ich habe mich gerade im Rahmen einer pastoraltheologischen Theorie mit den Begriffen Habitus des Mangels vs. Habitus der Hoffnung (in Anlehnung an Bourdieu) beschäftigt. Mit Social Media und aktiven Partizipationsangeboten wechseln wir meiner Meinung nach einfach auch die Perspektive wie wir uns individuell und kollektiv bewegen. Konsequent gedacht ist das für mich dann kein zwanghafter, instrumentieller Weg, sondern eine dynamische Entwicklung – auf die man_frau sich einlassen kann, weil es halt sein muss und es eh schon jeder tut oder mit der ich auch eine Hoffnungsperspektive verbinde und das ganze dann auch politisch/gesellschaftlich denke. Danke für den Beitrag, das passt super dazu und ich werde ihn nutzen, um da nochmal weiterzudenken.
Ich denke, wir haben es hier mit einem Kulturkonflikt tun. Der Dritte Sektor befindet sich im Umbruch (oder zumindest kurz davor). Das, was gemeinnützige Arbeit jahrelang ausgemacht hat, verändert sich auf einmal. Plötzlich soll alles ganz anders sein: neue Ideen, neue Methoden, neues Wissen, neue Transparenz und ein neues (schnelleres) Tempo. Das Festhalten an Altbekanntem, die Verweigerung gegenüber Neuem, das Vorschieben von Alibis (Âkein Geld, kein Personal, keine ZeitÂ) ist, meiner Meinung nach, Ausdruck von Orientierungslosigkeit. Man weiß nicht, wie man die Veränderung angehen soll. Man weiß aber auch, dass sie notwendig ist, weil die Welt sich nun einmal weiterdreht und wandelt. Wer mit dem Tempo der Internet-Welt nicht Schritthalten kann, fühlt sich leicht ins Abseits gedrängt und Standard-Lösungen funktionieren plötzlich nicht mehr. Ein kultureller Wandel macht Angst – schließlich hat man nicht nur Neues zu gewinnen, sondern auch viel Liebgewonnenes zu verlieren. Das ist ganz normal. Wichtig ist, meiner Meinung nach, dass diese Angst ernst genommen und nicht mit Hau-drauf-Methoden versucht wird, dem Dritten Sektor ein neues Konzept überzustülpen. Kulturwandel und Innovationen funktionieren nur, wenn wirklich alle Beteiligte (mitsamt ihrer Bedenken) von Anfang an partizipativ eingebunden werden.
@Andrea Meyer-Edoloey Chancen (und Hoffnungen) sind mit Social Media auf jeden Fall verbunden. Aber es gibt keinen Determinismus (“Technologie schafft Dialog”). Entscheidend bleibt das Handeln der Nutzer, – und es gibt viele monologische Accounts. Oder große Probleme, die Pluralität der Perspektiven zu akzeptieren. Für uns alle gibt es da noch einiges zu lernen. Die ‘laboratories for citizenship’ im Dritten Sektor müssten auch den konstruktiven Umgang mit Vielfalt lehren.
@Julia Russau, Sie haben recht – der anstehende kultureller Wandel im Dritten Sektor macht den dort Beschäftigten Angst und es geht darum, diese Ängste ernstzunehmen und nicht von oben nach unten neue Konzepte zu oktroyieren, sondern die Mitarbeiter mitzunehmen.
Das einzige, was bedacht werden muss, ist folgendes: es steht für diesen Wandel hin zu mehr Dialog und Partizipation nicht unendlich viel Zeit zur Verfügung. Die Umwelt von Nonprofits ändert sich unablässig weiter und Nutzer stimmen im Zweifel mit den Füßen ab und machen sich unabhängig von den intermediären Instanzen: sie regeln ihre Bedarfe zunehmend untereinander, genauso, wie sie Hilfe immer häufiger im peer-to-peer-Verfahren leisten.
Eben weil ich es schade fände, wenn der wohlfahrtsverbandliche Sektor seine Bedeutung verlieren würde, mache ich mir Gedanken darüber, welche neue Rolle er im 21. Jahrhundert spielen könnte bzw. welche Funktionen man stärken müsste, um ihn wieder enger mit der Zivilgesellschaft zu verbinden
Liebe Frau Reiser,
Danke für Ihren Artikel.
Über das Wort “Ermächtigung” bzw. Empowerment stolpere ich doch immer stärker. Es erinnert mich intuitiv an die “Ermächtigungsgesetze aus dem Dritten Reich. Auf diesem Hintergrund frage ich wirklich: Wer ermächtigt da wen? Oder: Wer meint denn da, wen ermächtigen zu dürfen oder zu müssen?
Ich als Demokratin fühle mich durchaus mächtig. Ich habe Patizipationsmöglichkeiten. Doch wenn Parteien, Wohlfartverbände oder NPO mir diese Partizipationsmöglichkeiten nicht einräumen, so lasse ich sie eben links liegen und suche mir eigene und andere Wege.
Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob der Ansatz “Ermächtigung” scharf zieht. Das schwingt für mich noch zu stark ein Top-Down-Blick mit, den gerade Sie doch gar nicht intendieren, nicht wahr? So habe ich Ihre Beiträge jedenfalls bisher gelesen. 🙂
Ist da ein anderer Ausdruck vielleicht fruchtbarer? Wie wäre es mit “Freiräumen zum Ausprobieren” oder “Geschützten Räumen”?
“Empowerment” von Bürgern bedeutet 1. diese gewinnen mehr Entscheidungsräume und -möglichkeiten, die auf das Gemeinwesen zielen, hinzu und 2. sie verfügen über die Kompetenzen, die notwendig sind, um im öffentlichen Raum selbstbewusst und erfolgreich handeln zu können.
Die Begriffe, die Sie vorschlagen – “Freiräume zum Ausprobieren” oder “Geschützte Räume” – treffen m.E. den Sachverhalt nicht ganz, weil Empowerment im obigen Zusammenhang durchaus zielorientiert angelegt ist bzw. sich auf den öffentlichen Raum/das Gemeinwesen hin ausrichtet.
Nonprofits können eine konstruktive Rolle spielen, indem sie Partizipationsräume bieten oder neu schaffen und dem einzelnen durch die Teilhabemöglichkeiten Partizipationskompetenzen vermitteln (nicht top-down, sondern auf Augenhöhe….). Mit den “laboraties for citizenship” wäre kein Zwang verbunden und kein hierarchisches Konzept. Aber ich bin überzeugt davon, dass Beteiligung – in der Kooperation mit anderen – gelernt und geübt werden muss. Und dass sie dann am effektivsten für alle Seiten ist, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind (Vgl. das CLEAR-Modell, das ich in einem älteren Beitrag beschrieben habe http://tinyurl.com/394gwje).
Ihre Haltung – “wenn Parteien, Wohlfahrtsverbände oder NPO mir diese Partizipationsmöglichkeiten nicht einräumen, so lasse ich sie eben links liegen und suche mir eigene und andere Wege” – ist nachvollziehbar und wird von vielen Bürgern so gesehen. Aber sie vergrößert den Graben zwischen den etablierten Institutionen und der Gesellschaft.
Es ist meines Erachtens der bessere Weg, wenn Bürger und Institutionen sich aufeinander zu bewegen, voneinander lernen und ihre Stärken kombinieren, als wenn jeder seiner eigenen Handlungslogik verhaftet bleibt und dieser nachgeht.
Die negativen Konnotationen, die Sie mit dem Begriff “Ermächtigung” verbinden, bedaure ich. Ich benutze einfach öfters die deutsche Übersetzung von ‘Empowerment’, um jene nicht auszuschließen, die Anglizismen nicht mögen und allein durch Anglizismen von Texten oder Ideen abgeschreckt werden.
Liebe Frau Reiser, Ihren Wunsch nach einer lebendigen Demokratie mit vielen Akteuren teile ich. Deshalb lese ich regelmäßig Ihr Blog. Deshlab danke ich Ihnen für Ihre konstruktive Antwort.
Ob der von Ihnen benannte Graben zwischen etablierten Institutionen und der Gesellschaft über Empowerment leichter zu überbrücken ist? Das mag ein Ansatz sein.
Für mich fehlt eher der innere, der emotionale Zusammenhang zwischen diesen Organisationen und der Gesellschaft, also den Bürgern. Sie erzählen nur noch hier und da eine gemeimsame Geschichte. Sie gründen nur noch partziell auf einer gemeinsamen Geschichte. Oftmals ist diese gemeinsame Geschichte tot. Sie wird nicht mehr gemeinsam weiter erzählt.
Hier, am Gefühl, an der Identität, gemeinsam weiter zu kommen, halte ich für wichtiger als Empowerment. Empowerment ist für mich eher eine Technik, ein Werkzeug. Deshalb meine Zurückhaltung und weiteres Suchen. 🙂
Liebe Frau Ripken, ich stimme Ihnen zu: es wichtig, eine gemeinsame Geschichte, gemeinsame Ziele und Visionen zu teilen.
Dieser Aspekt wird auch von den Autoren des CLEAR-Modells betont (Link siehe oben) “Sense of community can be a strong motivator for participation. But given the inherent diversity in many communities then, conversly, an absence of identity or a sense of being an outsider can militate against participation” (Pratchett u.a. 2009, 11).
Ich glaube allerdings nicht, dass man diesen “emotionalen Zusammenhang” zwischen den Institutionen und Bürgern, den Sie vermissen, geplant wird schaffen können. Ich denke, dass gerade eine gemeinsam gelebte *Praxis* der Kooperation, der Beteiligung (und auch des Konflikts) die Chance bietet, sich gegenseitig besser kennen- und vielleicht auch verstehen zu lernen.
Hallo Frau Reiser, ja sie haben natürlich Recht: Die Zeit drängt. Wenn (gerade in den großen) Wohlfahrtsverbänden nicht langsam ein Umdenken hin zu mehr Öffnung und Transparenz stattfindet, werden sich die Bürger zunehmend selbst organisieren. Der Dritte Sektor ist zu bequem und behäbig geworden – Flexibilität, Innovation oder einfach nur der Mut Neues auszuprobieren (z.B. im Social-Media-Bereich) grenzen bisweilen schon an eine mittelschwere Revolution. Ich frage mich, was es konkret braucht, um sozialen Organisationen die Vorzüge des Online-Dialogs näher zu bringen? Ich merke z.B., dass ich mit meinem eigenen Blog immer wieder auf Unverständnis stoße, da der Begriff ÂWeblog den meisten bislang ein Fremdwort ist. Allein schon die regelmäßige Verwendung von Email ist im sozialen Sektor noch lange nicht zur Selbstverständlichkeit geworden (Stichwort: Medienkompetenz). Manchmal denke ich, vielleicht ist es sogar gut, wenn die Bürger den ÂProfessionellen zunehmend den Rücken kehren. Und vielleicht brauchen die herkömmlichen Strukturen dieses Gefühl des Verlustes auch, um endlich aufzuwachen und in Bewegung zu geraten. Beste Grüße.
Hallo Frau Russau, die Innovationsfähigkeit des Sektors im Hinblick auf das Dienstleistungsangebot selbst ist sicher immer noch gegeben und wird häufig einfach durch mangelnde öffentliche Förderung usw. verhindert (s. die Ergebnisse oben).
Ganz anders sieht es aber aus, wenn man das Feld des professionellen Leistungsangebotes verlässt und sich auf das der *Beziehungen* begibt, insbesondere zu denen in Richtung Zivilgesellschaft. Hier liegen die größten Probleme, die Sie mit mangelnder Öffnung und Transparenz richtig benennen.
Diese Probleme hängen aber ganz eindeutig mit der Selbstpositionierung bzw. dem Selbstbild der freien Wohlfahrtspflege zusammen, die für sich nicht geklärt hat, welche Art von Beziehungen zur Zivilgesellschaft sie pflegen möchte und wem ihre primäre Loyalität gilt: dem Staat oder der Bürgerschaft. Solange die Wohlfahrtspflege diese grundsätzliche Frage für sich nicht beantwortet hat – und eine ganze Reihe weiterer Fragen sind mit dieser Grundsatzdiskussion verbunden – , solange wird sie im Hinblick auf den Umgang mit der Zivilgesellschaft, sei es via Social Media oder offline, keine klare Linie fahren bzw. nur halbherzige Versuche starten können.
Dem verbandlichen Dritten Sektor steht eine Grundsatzdebatte darüber ins Haus, wo seine Wurzeln liegen, wo er seine Zukunft sieht und wie die Beziehungen zu seiner Umwelt (Staat/Zivilgesellschaft/Wirtschaft) gestaltet sind und gestaltet werden sollten. Leider wird diese Debatte öffentlich noch nicht geführt, – vielleicht hinter verschlossenen Türen (aber dann ohne Partizipationsmöglichkeiten für Bürger….) – ich weiß es nicht.
Der verbandliche Sektor selbst müsste sich stärker auf das Gespräch mit den Bürgern einlassen und diese fragen – in Abwandlung des Slogans ” in welcher Gesellschaft wollen wir leben” – mit welchem Dritten Sektor wollen wir eigentlich leben?
Diese Debatte wird viel Zeit in Anspruch nehmen und – wer weiß – vielleicht wird sie auch nie kommen. Das würde ich allerdings sehr bedauern.
Was Sie über Ihre Erfahrungen mit Ihrem Blog berichten, so ähneln diese denen meines Bloggerkollegen Stefan Zollondz, der selbst in der praktischen Sozialarbeit tätig ist. Ich empfehle Ihnen seinen folgenden Erfahrungsbericht: http://www.net-pilots.de/net-pilots/digitale-wissensarbeit/socialcamp-2010-oder-wissen-ist-eine-zumutung/
Hallo Brigitte, vielen Dank für den tollen Beitrag. Beim lesen musste ich (wieder einmal) an unsere Vorstellunge einer “anderen Bürgergesellschaft” denken, als der, die gerade versucht wird zu konstruieren (“Bund, Länder und Kommunen sind die zentralen Akteure der Engagementförderung”).
Tatsächlich halte ich den Verweis auf die mangelnden Ressourcen (“kein Geld, kein Personal, keine Zeit”) für ein Indiz rein reaktiven Agierens. In vielen Dritt-Sektor-Organisationen fehlen mir die Visionen bzw. der Glaube daran. Und das ist auch keine Frage kulturellen Umbruchs. Das Management von NPOs und NGOs kommt ohne Visionen gar nicht aus. Visionslose NPOs lassen sich einfach zu leicht abschaffen — was auf kommunaler Ebene übrigens gerade passiert (Stichwort: Soziale Stadt).
Sicherlich sind Ressourcen wichtig, doch sind sie nicht das einzige, was zählt. Wir haben in unserem Forschungsprojekt zu SocialBar (http://tinyurl.com/Forschungsbericht-SocialBar) gezeigt, dass der aktive und gewinnbringende Social Media Gebrauch einer Orientierung bedarf, die sich nur bedingt einzukaufen lässt. Man muss sich damit beschäftigen wollen wofür man eben auch eine Vorstellung braucht, was man jeweils damit erreichen will — ein Vision eben.
Hallo Hannes, Dein Feedback freut mich. Wir müssen bei der Debatte um den Wandel des Dritten Sektors am Ball bleiben und – für mich immer noch ein Thema – die NP0-Blogparade war eigentlich ein gutes Instrument, um hier mehr (kritische) Öffentlichkeit zu erzeugen. Wie könnten wir hier weitermachen? Ideen sind willkommen…