Kategorie-Archiv: Nonprofit-Organisation

Die richtigen Web2.0-Tools wählen – Auswahlmethoden für NPOs

Wie kann eine Organisation die für sie passenden Web2.0-Technologien auswählen? Es gibt zwei unterschiedliche Herangehensweisen: entweder eine zentral geplante oder eine inkrementalistische, die nicht von oben gesteuert wird, sondern sich im Arbeitsalltag Schritt für Schritt ergibt.

Leyla Farah vom amerikanischen PR-Blog Cause+Effect beschreibt in einem Beitrag die top-down- Strategie auf der Basis der ‘POST’-Methode von Forrester Research. POST steht für ‘People, Objectives, Strategy, Technology’ und umfasst die vier folgenden Schritte in der angegebenen Reihenfolge:

1. People/Zielgruppen

Die Organisation klärt mit Hilfe einer Umfrage, wie ihre Zielgruppen das Internet nutzen. Inwieweit arbeiten ihre Adressaten schon mit Social Software?

2. Objectives/Ziele

Welche Ziele will die Organisation mit dem Einsatz von Web2.0 erreichen? Die POST-Methode empfiehlt, zwischen kurz- und langfristigen Zielen zu unterscheiden und anzugeben, mit Hilfe welcher Daten die Zielerreichung gemessen werden soll

3. Strategy/Vorgehensweise

Mit welchen Mitteln bzw. Web2.0-Tools will man die Organisationsziele erreichen? In dieser Phase ist eine Auseinandersetzung mit den Stärken und Schwächen der einzelnen Instrumente – vor dem Hintergrund des Nutzerverhaltens der Zielgruppen – notwendig. Es ist abzuklären, welche Anwendung am besten den eigenen Zielen dient und mit den vorhandenen Organisationsressourcen umgesetzt werden kann.

4. Technology/Auswahl der Instrumente

Jetzt ist die Organisation in der Lage, die passenden Web2.0-Tools auszuwählen und den Umsetzungsprozess zu planen.

Bei Schritt 1 (Analyse der Zielgruppen) werden insbesondere Nonprofit-Organisationen feststellen, dass bei ihren Adressaten eine bestimmte Altersgruppe bzw. Generation dominiert. Dabei ist es wichtig, wie Leyla Farah in einem weiteren interessanten Beitrag schreibt, dass möglichst mehrere Generationen angesprochen und motiviert werden, sich für die NPO einzusetzen. Nur wenn die Adressaten über unterschiedliche Altersgruppen gestreut sind, ist ein langfristiger Ressourcenzufluss für die Organisation gesichert. Jede Generation muss dabei auf die ihr angemessene Art und Weise angesprochen werden, d.h. es ist wichtig, unterschiedliche Kommunikationswege zu bedienen, online und offline.

Ganz anders als die top-down-Strategie ‘POST’ funktioniert die bottom-up-Methode, in einer sich dafür anbietenden Arbeitssituation mit einer Web2.0-Anwendung zu beginnen. Diese Methode beschreibt Christian Kreutz von crisscrossed.net in einem Beitrag, der die Einführung von Web2.0 in seiner Organisation beschreibt. Er empfiehlt ein Wiki zum Einstieg, das zum Protokollschreiben oder zur organisatorischen Abstimmung benutzt werden kann. Wichtig ist ihm zufolge, eine Situation auszusuchen, in der herkömmliche Arbeitsmethoden an ihre Grenzen stoßen bzw. der Nutzen von Web2.0 für alle schnell sichtbar wird.

Betreuungsleistungen via Internet

Im Internet bilden sich immer mehr Märkte heraus, die den Nonprofit-Bereich unmittelbar tangieren. Während sich für das Online-Fundraising schon zahlreiche Plattformen gebildet haben, die erfolgreich Spenden für gemeinnützige Organisationen sammeln, gibt es nun auch Plattformen für die Vermittlung von Betreuungsleistungen für Familien. Dazu zählt u.a. die Betreuung von Kindern, Senioren und – Haustieren.

Die ambulante Betreuung von Senioren war in der Vergangenheit eine Domäne von Nonprofit-Organisationen. Zwischenzeitlich sind hier gewerbliche Träger und Privatpersonen, häufig aus Osteuropa, sehr aktiv und bilden eine starke Konkurrenz für gemeinnützige Einrichtungen.

Wer bisher nach einer Seniorenbetreuung suchte und sich nicht an die örtliche Sozialstation wenden wollte, musste sich zumeist auf eine beschwerliche Suche nach entsprechenden Anbietern machen und örtliche Beratungsstellen, Behörden, gewerbliche oder gemeinnützige Träger kontaktieren, im Bekanntenkreis recherchieren, eine Zeitungsanzeige aufgeben. Heute hat ein Interessent die Möglichkeit, im Internet nach entsprechenden Anbietern zu suchen.

Seit Dezember 2007 gibt es die Vermittlungs-Plattform Betreut.de. Hier können Anbieter ihr Betreuungsangebot einstellen und potentielle Kunden nach Betreuungsleistungen suchen. Die Plattform hat regionale Schwerpunkte in einer handvoll Großstädten (Berlin, München, Hamburg, Frankfurt). Ihr Schwerpunkt liegt in der Vermittlung von Babysittern, es gibt aber auch schon ein größeres Angebot an Seniorenbetreuern.

Von den Leistungsanbietern erfährt man mindestens die folgenden Kategorien: Name/Ort/Alter/Erfahrung. Ein Blick in das Berliner Angebot der Plattform zeigt, dass es sich bei den Anbietern in der Regel um junge Frauen um die 20 handelt ohne praktische Erfahrung und Qualifikation in der Seniorenbetreuung. Den Vertretern der Pflegeberufe läuft es wahrscheinlich kalt den Rücken hinunter, wenn sie sehen, wie massiv ihr Berufsstand von unqualifizierter Konkurrenz bedroht ist. Aber die Nachfrage von privater Seite nach günstigen Arbeitskräften ist da und schafft sich ihr Angebot.

Die Plattform Betreut.de ähnelt in ihrer Struktur stark der amerikanischen Plattform Care.com, die es seit 2006 gibt. Hier kann man ebenfalls nach Kinder-, Senioren- und Haustierbetreuung suchen und Nachhilfeanbietern. Bei der amerikanischen Plattform gibt es auch die regionale Schwerpunktbildung in zwischenzeitlich über 30 Städten. Und es gibt für die Anbieter fast die identischen Kategorien, aber – im Unterschied zur deutschen Seite – keine Bewertung der Anbieter durch die Kundschaft in Form von Sternchen.

Seniorenbetreuungsleistungen kann man auch über die Plattform minidienste.de (vormals ‘Beeings’) suchen oder anbieten. Allerdings bilden diese hier keinen Schwerpunkt, sondern nur ein kleines Segment der Plattform, die ein breites Spektrum rund um den häuslichen Bereich abdeckt.

Betreuungsangebote und -nachfragen finden sich auch bei exchange-me.de, einer Tauschplattform für private Dienste. D.h. hier werden die Leistungen nicht bezahlt, sondern mit anderen Diensten abgegolten. Diese Plattform kommt wahrscheinlich eher für die Angehörigen von Senioren in Frage, die dann die Gegenleistung für die erhaltene Seniorenbetreuung erbringen müssen.

Fazit: die Entwicklung der Märkte im Internet schreitet voran und die Besitzstände von Nonprofits sind bedroht, – es sei denn, sie nehmen die Herausforderungen des World Wide Web offensiv an und nutzen das Netz für ein besseres Marketing.

(Links via deutsche-startups.de)

Podknast.de – Radio aus dem Jugendarrest

Podcasts aus dem Knast – über die Stuttgarter Zeitung bin ich auf das Hörangebot des Düsseldorfer Jugendarrestes aufmerksam geworden. “Live aus der Zelle” berichten jugendliche Straftäter über ihr Leben und ihre Zeit in der Arrestanstalt. Herausgegeben werden die Podcasts vom Justizministerium in NRW, in Kooperation mit der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt.

Die Podcasts sollen der Abschreckung dienen und gefährdete Jugendliche über die Zustände im Jugendarrest informieren. Das Ganze trägt paternalistische Züge, – einerseits. Andererseits erzählen die Jugendlichen ziemlich ungeschminkt von ihren Gefühlen, die Beiträge wirken authentisch. Sie bieten einen kleinen Einblick in die Seele der Gefangenen, z.B. in die Gefühlslage von “Marco” dem Nachdenker.

Grundsätzlich finde ich Medienprojekte, die in geschlossenen/stationären Einrichtungen von den dortigen Klienten produziert werden, sehr begrüßenswert. Vor kurzem habe ich über das Internetradio des Paritätischen Landeswohlfahrtsverbandes geschrieben, der Podcasts aus Sozialeinrichtungen bietet. Aber noch sind solche Projekte in der Minderzahl.

Im Allgemeinen “verschwinden” die Menschen in den Einrichtungen, seien es nun psychiatrische Anstalten, Gefängnisse, Behinderteneinrichtungen, Pflegeheime – und wenn man nicht gerade persönlich mit ihnen bekannt ist, verliert man sie als Mitbürger vollkommen aus dem Gesichtsfeld. Sie sind sozusagen aufgeräumt, weggesteckt und “behelligen” niemanden außerhalb mehr mit ihren Problemen und ihrer Präsenz.

Podcasts wie Podknast.de bringen ein wenig Licht in das Dunkel der Betroffenen. Sinnvoll wäre es nun, wenn es eine Kommentarfunktion zu den Podcasts gäbe, damit sich die Zielgruppe zu Wort melden kann und die Einrichtung/die Sprecher der Podcasts in eine Diskussion mit dem Publikum eintreten könnten, um Fragen zu klären und inhaltlich nachzulegen. Das langfristige Ziel muss ein Dialog mit der Umwelt sein und nicht die einseitige Kommunikation vom Sender zum Empfänger. Aber das Problem bei solchen Projekten ist in der Regel – woher das Geld nehmen für die Mitarbeiter, die eine solche interaktive Seite betreuen könnten?