Kategorie-Archiv: Mitarbeiter

Blog Action Day 2008: Armut und das Dilemma der Sozialen Arbeit

Heute ist der weltweite Blog Action Day zum Thema ‘Armut’. Möglichst viele Blogger sollen zu diesem Thema aus ihrer Perspektive Stellung nehmen. Via Blogpatenschaften wurde ich auf die Aktion aufmerksam, durch Twitter daran erinnert.

Wer arm ist, hat zumeist nicht nur materielle Probleme, sondern benötigt auch Unterstützung im Beziehungs- und Bildungsbereich und bei Fragen der Haushaltsführung und Lebensplanung. Diese Hilfen werden von den Sozialen Diensten der Sozialverwaltung oder freigemeinnütziger Träger angeboten.

Die Bedingungen der Sozialen Arbeit haben sich in den letzten Jahren sehr stark verändert. In einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Sozialer Fortschritt (1/20008) fasst H.J. Dahme den Wandel in den sozialen Diensten wie folgt zusammen: die Arbeit wurde bürokratisiert und verbetriebswirtschaftlicht. Der einzelne Mitarbeiter muss immer höhere Fallzahlen und immer mehr administrative Aufgabent stemmen. Die Interaktion mit dem Klienten wird durch gesetzliche Vorgaben immer stärker reglementiert (S. 10f). Was darunter leide, sei die "ganzheitliche Arbeit am und mit Menschen" (Dahme 2008, 11). Die Reglementierung seitens des Staates und des Trägers stellt darüber hinaus die Autonomie der Sozialarbeit in Frage. Der Mitarbeiter kann seine Expertise nicht mehr in der Form einbringen, wie er es sich erhofft hat.

Die Soziarbeit steht vor einem Dilemma. Einerseits sind die Mitarbeiter motiviert und möchten helfen. Andererseits schwinden ihre Handlungsspielräume. Wie kann der Ausweg aus dieser Sitaution aussehen?

Ein Zurück zur früheren Autonomie und Expertise mit ihrem tendenziell ‘hierarchischen’ Charakter kann es meines Erachtens nicht mehr geben. Die Bemühungen von staatlicher – und Trägerseite nach Effizienz, Effektivität und Transparenz (duch die Falldokumentationen) sind legitim. Dennoch darf die am Klienten orientierte ganzheitliche Arbeit dabei nicht auf der Strecke bleiben.

Der Ausweg aus dem Dilemma kann meiner Ansicht nach nur gelingen, wenn sich die Soziale Arbeit neue Bündnisparter sucht. Die vorhandenen Bezugsgrupen/Stakeholder wie Angehörige, Ehrenamtliche, Nachbarschaft, Gemeinde usw. müssen stärker in die Dienstleistungsproduktion mit eingebunden werden. Nicht nur, um die Sozialarbeit zu entlasten und zu bereichern. Sondern auch, um bei Bedarf ein Netzwerk zu besitzen, mit dessen politischer Unterstützung man rechnen kann. Denn wer vertritt im Moment die Interessen einer ganzheitlichen Sozialarbeit, abgesehen von den dafür zuständigen Gewerkschafts-
funktionären? Nonprofits und die Sozialarbeit haben es versäumt, die Öffentlichkeit effektiv auf ihre Arbeitssituation vor Ort hinzuweisen. Nun ist niemand da, der mit ihnen gemeinsam die Auswüchse der Bürokratisierung bekämpfen könnte. Die Leidtragenden sind die Klienten. In diesem Fall: die Menschen, die arm sind.

Web 2.0 bietet den Sozialen Diensten die technischen Voraussetzungen, um sich mit ihren Stakeholdern stärker zu vernetzen und Communities aufzubauen, die man auch für die politische Arbeit nutzen kann. Vielleicht wird man auf dem Online-Weg mehr Unterstützung für die Soziale Arbeit organisieren können?

Die Funktion von Blogs – für mich persönlich und für Nonprofits

Karin Janner vom Kulturmarketing-Blog hat mich via ‘Stöckchenwurf’ gefragt, warum ich blogge.
Hier meine Antwort:

Ich blogge, weil ich einen Ansatz entwickelt habe, den ich im Nonprofit-Sektor bekannt machen möchte. Die Botschaft lautet: Nonprofits – vor allem im Sozialsektor – sollten weg vom Leitbild Staat und sich viel stärker als bisher mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld vernetzen. Der Aufbau von sozialem Kapital muss in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von Nonprofits rücken. Eine stärkere Vernetzung mit den Bezugsgruppen (Stakeholdern) einer Organisation gelingt nur, wenn diese in einen Dialog eingebunden werden und sie die Möglichkeit zur Partizipation haben. Die gemeinnützigen Träger müssen nach außen hin durchlässiger werden und sich stärker öffnen für Feedback. Nur wenn die Beziehungen zu den Stakeholdern auf Augenhöhe stattfinden, bringen sie den größtmöglichen Nutzen für alle Beteiligten.

Der Aufbau von sozialem Kapital wird mit Hilfe des Web2.0 erleichtert. Über das Internet können sich Nonprofits vernetzen, Ressourcen gewinnen, Kampagnen durchführen usw. Deshalb stelle ich in meinem Blog Informationen über Web2.0 für Nonprofits zur Verfügung. Und zeige auf, wie das Internet den Sozialsektor verändern wird. Mit meinem sozialwissenschaftlichen Hintergrund sehe ich mich als Vermittlerin zwischen dem technischen und dem sozialen Sektor.

Das Weblog dient mir aber nicht nur als Katalysator für meinen Ansatz, sondern auch als Lernmittel. Zum eine bin ich ständig auf der Suche nach neuen Themen und interessantem Material, hauptsächlich in der Blogosphäre, aber auch offline in Büchern, wissenschaftlichen Zeitschriften usw. Zum anderen zwingt mich das Blogformat dazu, meine Gedanken zu einem Thema auf den Punkt zu bringen und einen Beitrag mit rotem Faden und Links zu schreiben. Mit der Zeit wird mein Blog zu einem Archiv und einer Ressource, aus der ich beruflich immer wieder schöpfen kann und es würde mich natürlich freuen, wenn es meine Lesern genauso geht.

Mit meinem Blog möchte ich in einen Dialog mit den Lesern eintreten. Im Unterschied zu Printmedien bekomme ich im Idealfall zu einem Artikel sofort ein Feedback. Diese Kommentare fördern die Vernetzung zwischen mir und Menschen, die an den selben Themen interessiert sind. Und durch die Rückmeldungen meiner Leser erhalte ich neue Informationen, kann meinen Standpunkt überdenken, ergänzen, kurz: kann ich hinzulernen.

Welche Funktionen können Blogs einer Nonprofit-Organisation (NPO) bieten?

Weblogs

  • ermöglichen der NPO einen direkten und vor allem interaktiven Zugang zur Öffentlichkeit. Und das kostengünstig.
  • erlauben es, die eigene Botschaft zu vermitteln, ohne von externen Medien-Gatekeepern abhängig zu sein
  • schärfen das Profil einer Organisation bzw. einer Marke. Die regelmäßigen Beiträge machen eine Organisation transparenter und geben ihr ein differenzierteres und authentischeres ‘Gesicht’
  • ermöglichen den Dialog der NPO mit ihren Stakeholdern. Die Organisation erhält ein Feedback von den Stakeholdern, kann neue Ideen und Anregungen sammeln.
  • binden die Blog-Leser an die NPO. Schaffen ein Netzwerk aus Bloglesern, der NPO und themenverwandten Blogs/Bloggern/Leserschaften
  • In diesem Online-Netzwerk kann die NPO um Ressourcen werben (Unterstützung für Kampagnen, Spenden, Mitarbeiter usw.)
  • Über Weblogs kann eine NPO ihr Publikum schulen und umsetzbares Wissen anbieten (z.B. Pflegetipps für Angehörige, Freizeittipps für Jugendliche usw.)
  • Wenn ein Weblog als Gruppenblog konzipiert wird, in dem nicht nur eine Person sondern mehrere schreiben (Mitarbeiter, Ehrenamtliche, Freunde und Förderer, Spender), dann dient ein Weblog auch der Integration von Stakeholdern und fördert (neue) Kompetenzen bei den Blogautoren.
  • Ein Blog bewirkt durch das Verschlagworten der Beiträge, dass diese von Suchmaschinen leichter gefunden werden. Ein Blog kann folglich die Anzahl der Seitenbesuche erhöhen und auf diese Weise eine Nonprofit-Organisation bekannter machen

Trotz des hohen Nutzens von Weblogs würde ich nicht jeder Nonprofit-Einrichtung zum Aufsetzen eines Blogs raten. Drei Voraussetzungen sollten unbedingt gegeben sein, damit ein Blog interessant für die Leser wird. 1. die Organisation muss eine Botschaft haben und die Leidenschaft hierfür muss spürbar sein, 2. Blogtexte dürfen nicht wie Werbetexte daherkommen. Authentizität, Glaubwürdigkeit und Offenheit sind entscheidend für ein gutes Weblog, 3. Der oder die Autoren müssen sich mit ihrem Publikum austauschen wollen und vom Weblog-Format überzeugt sein.

Wer nach mehr Argumenten sucht, die für ein Weblog sprechen, wird hier fündig: 10 Ways Nonprofits Can Use Blogs und 10 Reasons Why Every Nonprofit Must Have a Blog

Web 2.0 – die ersten Schritte für Nonprofits (IV)

Der vierte Schritt der Web 2.0-Einführung ist der anspuchsvollste. Nicht jede Nonprofit-Einrichtung wird ihn gehen, weil er mit vielen Traditionen bricht und die Bereitschaft einer Organisation voraussetzt, sich nach außen hin zu öffnen.

Der vierte Schritt besteht darin, ein öffentliches Wiki anzulegen, das der Bürgerschaft und damit allen tatsächlichen und potentiellen Kunden offen steht. Man könnte es Kunden-Wiki nennen und seine Funktion besteht darin, die Wünsche und Ideen der Bezugsgruppen einer Organisation abzufragen.

Am effektivsten ist es, Kommentare zu konkreten Projekten und Themen zu erbitten. Ein Moderator von Seiten der Nonprofit-Einrichtung sollte die Diskussion betreuen und Anregungen aufnehmen oder bei Statements nachhaken.

Ein solches Wiki ist Teil des Ideenmanagements einer Organisation. Man überlässt die Entwicklung von Vorschlägen nicht dem Zufall, sondern bietet durch ein öffentliches Wiki mit entsprechenden Themen das Forum, um Ideen zielgerichtet einzuholen. Vergangene Woche war in der Süddeutschen zu lesen, dass Firmen in Deutschland viele Milliarden Euro vergeuden, weil sie die Ideen ihrer Mitarbeiter ignorieren, vor allen Dingen die Ideen der Menschen, die an der Basis arbeiten. Vor diesem Defizit wird auch der Nonprofit-Sektor nicht gefeit sein, denn dies ist ein typisches Problem hierarchischer Organisationen, zu denen die wohlfahrtsverbandlichen Sozialeinrichtungen ebenfalls zählen.

Es werden aber nicht nur die Ideen von Mitarbeitern vernachlässigt, sondern auch die Ideen von anderen Bezugsgruppen einer Einrichtung. Auch die Anregungen von Klienten, Angehörigen und Ehrenamtlichen einer Sozialorganisation werden nicht systematisch erhoben. Ideen wirken häufig bedrohlich, weil sie die gewohnten Abläufe einer Organisation in Frage stellen können. Aber Ideen sind notwendig, wenn eine Nonprofit-Einrichtung neue Leistungen entwickeln und bestehende Angebote ausdifferenzieren will.

Dies in engem Austausch mit den (potentiellen) Kunden durchzuführen, verspricht große Erfolge. Und es legitimiert das eigene Vorgehen gegenüber den Institutionen, die Sozialleistungen finanzieren auf einem viel höheren Niveau, als wenn Leistungen ohne aktive Partizipation der Kundschaft entwickelt werden.

Ein Kunden-Wiki muss nicht immer im Netz stehen. Die Nonprofit-Einrichtung kann es auch nur im Rahmen einer Kampagne für wenige Tage zur Verfügung stellen. Die Einträge sollten moderiert werden, d.h. destruktive Beiträge werden gelöscht.