Kategorie-Archiv: Stakeholder

Transparenz im Nonprofit-Sektor: Anforderungen an eine Webseite

Die Skepsis der Bürger gegenüber dem Nonprofit-Sektor wächst. Können gemeinnützige Träger im Sozialsektor mit ihren bestehenden Webseiten das Vertrauen der Bürger gewinnen?

Webseiten von sozialen Diensten blenden in der Regel die folgenden Themen aus: Details über die Leistungserbringung, über Preise, Qualitätsprüfungen, Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter (Fachpersonal, Hilfskräfte?), Weiterbildung der Mitarbeiter, Gestaltungsmöglichkeiten für Kunden und Ehrenamtliche, Rolle der Angehörigen, Finanzierung und Budget der Organisation. Mancher Träger liefert nur wenig Informationen über Vorstandsmitglieder und Geschäftsleitung, – häufig fehlen hier Photos, so dass nicht klar ist, welches Gesicht den Träger repräsentiert.

Ab kommendem Jahr müssen Pflegeheime die Ergebnisse von Qualitätsprüfungen auf ihrer Internetseite veröffentlichen. Krankenhäuser sind gesetzlich dazu verpflichtet, alle zwei Jahre einen Qualitätsbericht zu publizieren, der im Internet abgerufen werden kann. Von staatlicher Seite wird demnach die Transparenz im Nonprofit-Sektor verstärkt gefördert. Gemeinnützige Träger sollten aber nicht auf staatliche Vorgaben warten (und damit lediglich reagieren ). Sondern sie sollten selbst eine Transparenz-Offensive auf ihren Webseiten starten, die sich politisch und ökonomisch auszahlen wird. Warum?

Offenheit ist besonders für gemeinnützige Organisationen funktional, weil sie keine fertigen Produkte vertreiben sondern a) soziale Dienstleistungen, an deren Erstellung der Kunde beteiligt ist, und b) Botschaften, die um Spender und Unterstützer werben. Von der Kooperationsbereitschaft der Kunden, Spender, Freiwilligen usw. hängt es ab, ob Beratung, Behandlung, Betreuung, Pflege und Spendenaktionen gelingen und zu einem guten Ergebnis führen. Deshalb macht es Sinn, die Bezugsgruppen bzw. Stakeholder schon auf der Webseite umfassend zu informieren, um offenen Fragen, Unsicherheiten und Misstrauen vorzubeugen. Von einer asymmetrischen Informationslage (der soziale Dienst weiß alles über die Produktqualität und deren Wirkung, der Stakeholder weiß nichts darüber) profitiert niemand.

Ein Stakeholder, der sich von einer NPO-Webseite gut informiert fühlt, bildet schon vor einer ersten Kontaktaufnahme Vertrauen zu einem gemeinnützigen Träger aus. Die Beziehung zwischen Stakeholder und gemeinnütziger Organisation wird auf einer solchen Basis gleich ganz anders starten, als bei Verhältnissen, die der Stakeholder von vornherein als ungleichgewichtig empfindet, weil Informationen zwischen den Parteien ungleich verteilt sind.

Welche Leitlinien sollte man also beachten, wenn man als Nonprofit-Organisation transparente Webseiten anstrebt?

  1. Stakeholder wollen im Internet Antworten auf ihre Fragen finden. Eine NPO-Webseite sollte deshalb nicht aus dem Blickwinkel der Organisation, sondern aus der Perspektive der Stakeholder geschrieben werden und Interaktionsmöglichkeiten bieten, die Interessenten eine Kontaktaufnahme oder die Beantwortung von Fragen ermöglicht.
  2. Eine NPO sollte sich auf der Webseite authentisch präsentieren, also mit Ecken und Kanten und offenen Fragen, die den Nutzer zum Mitdenken einladen. Wer so tut, als hätte er die optimale Botschaft und die optimalen Lösungen, präsentiert sich nicht wahrhaftig und wirkt unglaubwürdig, weil die Probleme im Sozialsektor zu komplex sind für abschließende Antworten.
  3. Eine NPO-Webseite darf wichtige und kritische Themen nicht aussparen, von denen man annehmen kann, dass sie für die Stakeholder von Interesse sind.

Die Zukunft wird den Nonprofit-Organisationen gehören, die Stakeholder als Partner (und nicht als potentielle Bedrohung) begreifen und sich dementsprechend kooperativ und offen nach außen hin verhalten.

Web2.0 – Marketing-Tool oder Konversationsinstrument ?

Auf Kivi’s Nonprofit Communications Blog ist eine kontroverse Diskussion zwischen Nonprofit-Bloggern entstanden. Die Diskussion dreht sich um die Frage, ob es legitim ist, wenn Nonprofits Online-Netzwerke zu Marketing-Zwecken nutzen. Oder ob in den Netzwerken nicht die Konversation mit den Stakeholdern im Vordergrund stehen sollte, d.h. das ‘Hören’ und ‘Lernen’ und nicht das ‘Werben’.

Kivi Leroux Miller selbst zählt zu den Marketing-Befürwortern und betont, dass insbesondere kleine Nonprofits mit geringem Budget auf Online-Netzwerke als Vermarktungskanal angewiesen sind. Beth Kanter hingegen neigt eher zu der idealistischen Haltung, die den Wert der nicht-nutzenorientierten Konversation mit den Stakeholdern betont.

Wie sieht – unabhängig von der Diskussion zwischen Bloggern – die Realität aus? Gibt es überhaupt eine breite Bewegung unter den Nonprofits, die Online-Netzwerke zu Marketing-Zwecken nutzt? Oder allgemeiner gefragt: Welche Ziele verfolgen Nonprofits mit Ihrer Internetpräsenz?

Die empirische Studie von Linda Jean Kenix ‘The Internet as a tool for democracy? A survey of nonprofit Internet decision-makers and Web users’ in der Juli-Ausgabe von First Monday bringt Licht ins Dunkel. Die Autorin hat fast 700 Personen aus kleinen amerikanischen Nonprofit-Organisationen befragt, darunter mehr als 400 Personen, die für die Web-Inhalte ihrer Einrichtung verantwortlich sind.

Die Studie zeigt, dass 41% der befragten 429 Online-Autoren aus NPOs den Hauptzweck ihrer Internetpräsenz darin sehen, Informationen bereitzustellen. 38,6% möchten für ihre Organisation werben. Nur 6,5% wollen über ihre Internetpräsenz in die Diskussion mit den Stakeholdern eintreten. Nur 3,5% zielen auf das Online-Fundraising (S. 7).

Obwohl die befragten Nonprofit-Akteure den Schwerpunkt im Internet auf die Information legen, nutzen sie laut der Studie die Möglichkeiten, die eine Webseite hier bietet, nur mangelhaft aus und versäumen es, Newsletter, freie Stellen, Protestformulare usw. ins Netz zu stellen. Gleichzeitig zeigt die Untersuchung, dass 81% der Befragten, die der Nonprofit-Organisation verbunden sind, ohne selbst Inhalte einzustellen, von den Informationen ihrer gemeinnützigen Einrichtung gar nicht profitieren, weil sie deren Internetauftritt nicht besuchen und sich Informationen über persönliche Kontakte beschaffen.

Letzteres macht deutlich, dass den befragten Nonprofits die Verbindung zu den Stakeholdern noch nicht gelingt und – wie oben erwähnt – diese Interaktivität auch kein vordringliches Ziel für die Verantwortlichen darstellt. Auch die angestrebte Werbung für die eigene Organisation wird in der Praxis so nicht umgesetzt. Nur ein Fünftel der befragten Nonprofit-Akteure, die Inhalte für das Netz erstellen, berichten, dass sie das Internet tatsächlich auch für Marketingzwecke nutzen (S. 11).

Das Fazit der Autorin:"Thus the Internet appeared to be primarily a tool for gathering and providing information for non-profit organizations, rather than contact with members, fund-raising or promotion" (Kenix 2008, S. 12).

Angesichts der beschränkten Zahl von untersuchten Nonprofits kann man das Ergebnis nicht verallgemeinern, aber die Tendenz herauslesen, dass NPOs die bestehenden Online-Netzwerke weder massiv für Marketingzwecke nutzen noch zur intensiven Konversation mit den Stakeholdern. Die kontroverse Diskussion in der Blogosphäre zu diesem Thema, die eingangs erwähnt wurde, spiegelt wohl eher die persönlichen Wünsche und Einstellungen der Autoren wider, statt die tatsächlichen Verhältnisse. Momentan scheinen Nonprofit-Organisationen noch im Zustand von Web 1.0 zu verharren (Informationsbereitstellung) und den Weg zur Interaktivität (Web2.0) noch nicht gefunden zu haben.

Die Funktion von Blogs – für mich persönlich und für Nonprofits

Karin Janner vom Kulturmarketing-Blog hat mich via ‘Stöckchenwurf’ gefragt, warum ich blogge.
Hier meine Antwort:

Ich blogge, weil ich einen Ansatz entwickelt habe, den ich im Nonprofit-Sektor bekannt machen möchte. Die Botschaft lautet: Nonprofits – vor allem im Sozialsektor – sollten weg vom Leitbild Staat und sich viel stärker als bisher mit ihrem gesellschaftlichen Umfeld vernetzen. Der Aufbau von sozialem Kapital muss in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von Nonprofits rücken. Eine stärkere Vernetzung mit den Bezugsgruppen (Stakeholdern) einer Organisation gelingt nur, wenn diese in einen Dialog eingebunden werden und sie die Möglichkeit zur Partizipation haben. Die gemeinnützigen Träger müssen nach außen hin durchlässiger werden und sich stärker öffnen für Feedback. Nur wenn die Beziehungen zu den Stakeholdern auf Augenhöhe stattfinden, bringen sie den größtmöglichen Nutzen für alle Beteiligten.

Der Aufbau von sozialem Kapital wird mit Hilfe des Web2.0 erleichtert. Über das Internet können sich Nonprofits vernetzen, Ressourcen gewinnen, Kampagnen durchführen usw. Deshalb stelle ich in meinem Blog Informationen über Web2.0 für Nonprofits zur Verfügung. Und zeige auf, wie das Internet den Sozialsektor verändern wird. Mit meinem sozialwissenschaftlichen Hintergrund sehe ich mich als Vermittlerin zwischen dem technischen und dem sozialen Sektor.

Das Weblog dient mir aber nicht nur als Katalysator für meinen Ansatz, sondern auch als Lernmittel. Zum eine bin ich ständig auf der Suche nach neuen Themen und interessantem Material, hauptsächlich in der Blogosphäre, aber auch offline in Büchern, wissenschaftlichen Zeitschriften usw. Zum anderen zwingt mich das Blogformat dazu, meine Gedanken zu einem Thema auf den Punkt zu bringen und einen Beitrag mit rotem Faden und Links zu schreiben. Mit der Zeit wird mein Blog zu einem Archiv und einer Ressource, aus der ich beruflich immer wieder schöpfen kann und es würde mich natürlich freuen, wenn es meine Lesern genauso geht.

Mit meinem Blog möchte ich in einen Dialog mit den Lesern eintreten. Im Unterschied zu Printmedien bekomme ich im Idealfall zu einem Artikel sofort ein Feedback. Diese Kommentare fördern die Vernetzung zwischen mir und Menschen, die an den selben Themen interessiert sind. Und durch die Rückmeldungen meiner Leser erhalte ich neue Informationen, kann meinen Standpunkt überdenken, ergänzen, kurz: kann ich hinzulernen.

Welche Funktionen können Blogs einer Nonprofit-Organisation (NPO) bieten?

Weblogs

  • ermöglichen der NPO einen direkten und vor allem interaktiven Zugang zur Öffentlichkeit. Und das kostengünstig.
  • erlauben es, die eigene Botschaft zu vermitteln, ohne von externen Medien-Gatekeepern abhängig zu sein
  • schärfen das Profil einer Organisation bzw. einer Marke. Die regelmäßigen Beiträge machen eine Organisation transparenter und geben ihr ein differenzierteres und authentischeres ‘Gesicht’
  • ermöglichen den Dialog der NPO mit ihren Stakeholdern. Die Organisation erhält ein Feedback von den Stakeholdern, kann neue Ideen und Anregungen sammeln.
  • binden die Blog-Leser an die NPO. Schaffen ein Netzwerk aus Bloglesern, der NPO und themenverwandten Blogs/Bloggern/Leserschaften
  • In diesem Online-Netzwerk kann die NPO um Ressourcen werben (Unterstützung für Kampagnen, Spenden, Mitarbeiter usw.)
  • Über Weblogs kann eine NPO ihr Publikum schulen und umsetzbares Wissen anbieten (z.B. Pflegetipps für Angehörige, Freizeittipps für Jugendliche usw.)
  • Wenn ein Weblog als Gruppenblog konzipiert wird, in dem nicht nur eine Person sondern mehrere schreiben (Mitarbeiter, Ehrenamtliche, Freunde und Förderer, Spender), dann dient ein Weblog auch der Integration von Stakeholdern und fördert (neue) Kompetenzen bei den Blogautoren.
  • Ein Blog bewirkt durch das Verschlagworten der Beiträge, dass diese von Suchmaschinen leichter gefunden werden. Ein Blog kann folglich die Anzahl der Seitenbesuche erhöhen und auf diese Weise eine Nonprofit-Organisation bekannter machen

Trotz des hohen Nutzens von Weblogs würde ich nicht jeder Nonprofit-Einrichtung zum Aufsetzen eines Blogs raten. Drei Voraussetzungen sollten unbedingt gegeben sein, damit ein Blog interessant für die Leser wird. 1. die Organisation muss eine Botschaft haben und die Leidenschaft hierfür muss spürbar sein, 2. Blogtexte dürfen nicht wie Werbetexte daherkommen. Authentizität, Glaubwürdigkeit und Offenheit sind entscheidend für ein gutes Weblog, 3. Der oder die Autoren müssen sich mit ihrem Publikum austauschen wollen und vom Weblog-Format überzeugt sein.

Wer nach mehr Argumenten sucht, die für ein Weblog sprechen, wird hier fündig: 10 Ways Nonprofits Can Use Blogs und 10 Reasons Why Every Nonprofit Must Have a Blog