Die “Nationale Engagementstrategie” der Bundesregierung, die Anfang Oktober verabschiedet wurde, will das Bürgerengagement stärken. Die Engagementstrategie bildet die Grundlage “für eine gemeinsame und aufeinander abgestimmte Engagementförderung aller Ressorts. Ziel ist es, durch geeignete Rahmenbedingungen einen Nährboden zu schaffen, auf dem bürgerschaftliches Engagement in seiner ganzen Vielfalt an Motiven und Ausgestaltungsmöglichkeiten gedeihen kann” (S. 6).
Eine wirklich ausgearbeitete Strategie findet man in dem Beschluß allerdings nicht, was erhebliche Kritik hervorgerufen hat. Vielmehr enthält das Regierungspapier eine Ansammlung von Einzelzielen bezogen auf bestimmte Politikbereiche (Integration/Bildung/Umwelt/Demographischer Wandel/Internationale Zusammenarbeit) und eine Auflistung von unzähligen Modellprojekten zum Thema Bürgerengagement, die die Ressorts jetzt schon fördern. Auf Seite 7 wird jedoch klargestellt, dass die veröffentlichte “Engagementstrategie” nicht als abgeschlossen zu betrachten ist, sondern unter Beteiligung von Bürgern weiterentwickelt werden soll.
Dazu wurde u.a. die Plattform ENGAGEMENTzweinull eingerichtet, auf der Bürger ihre Anmerkungen zum Kabinettsbeschluss und ihre Vorschläge für die Förderung des Bürgerengagements einbringen können. Die öffentliche Online-Konsultation startet am 22. November. Die Ergebnisse der Konsultation werden der Bundesregierung vorgelegt und im Netz veröffentlicht. Ohnehin sind schon die Beratungsergebnisse des Nationalen Forums für Engagement und Partizipation, in dem Experten aus Staat, Wirtschaft und Bürgergesellschaft vertreten sind, in die Engagementstrategie der Bundesregierung eingeflossen.
Soviel Bürgerbeteiligung ist löblich, ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Thema ‘Förderung des Bürgerengagements’ mit der Engagementstrategie des Bundes zu einem “zentralstaatlich gesteuerten Anliegen” geworden ist (Dahme/Wohlfahrt 2010, 146). Der wichtigste Satz im Kabinettsbeschluss lautet: “Bund, Länder und Kommunen sind zentrale Akteure in der
Engagementförderung” (S. 5).
Ich für meinen Teil halte nicht den Staat, sondern den Dritten Sektor für den zentralen Akteur, wenn es darum geht, das Engagement von Bürgern auszuweiten. Es sind die gemeinnützigen Organisationen, in denen – zumeist auf lokaler Ebene – Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung stattfinden. Also ist auch der Dritte Sektor der Dreh-und Angelpunkt für den weiteren Ausbau von Partizipationsmöglichkeiten.
Der Staat kann hier durchaus fördernd wirken – mit finanziellen Mitteln, Gesetzen und Leistungsvereinbarungen, die auf mehr Mitbestimmung von Bürgern drängen. Aber er kann gemeinnützigen Organisationen – und hier speziell der verbandlichen Wohlfahrtspflege – nicht die Aufgabe abnehmen, ihr Verhältnis zur Zivilgesellschaft neu zu bestimmen und ihre Bereitschaft, Bürger als Mitgestalter (und nicht nur als Helfer) einzubeziehen, weiterzuentwickeln.
Was mir auffällt, ist folgendes: sowohl die nationale Engagementstrategie als auch die Beratungsergebnisse des Nationalen Forums für Engagement und Partizipation blenden die Verantwortung des Dritten Sektors als institutionellem Ort des Bürgerengagements weitgehend aus. Man liest ununterbrochen, wie wichtig das Bürgerengagement ist und dass Bürger sich unbedingt ins Gemeinwesen einbringen sollten. Aber es wird nicht thematisiert, welche Verantwortung dem Dritten Sektor dafür zukommt, dass Bürger sich nicht engagieren oder ihren Einsatz aufgeben, weil sie mit den starren Strukturen in verbandlichen Einrichtungen nicht zurecht kommen oder weil sie nach und nach merken, dass an ihren inhaltlichen Anregungen in dem professionellen Umfeld niemand interessiert ist und sie nur als Helfer gebraucht werden, aber nicht als Mitbestimmer und -entscheider.
Die Responsivität des Dritten Sektors, seine Öffnung nach außen hin, seine stärkere Vernetzung mit der Zivilgesellschaft und seine Bereitschaft zur Ausweitung von Mitbestimmungsmöglichkeiten – das sind die zentralen Anknüpfungspunkte, wenn man das Bürgerengagement fördern will.
In einem Beitrag für die Stiftung Mitarbeit habe ich auf die Bedeutung der institutionellen Strukturen für das Bürgerengagement hingewiesen:
“Wenn es um die Partizipation in gesellschaftlichen Organisationen geht, kann man die bürgerschaftliche Seite nicht ohne die institutionelle betrachten. Beide Seiten gehören zwingend zueinander und befinden sich in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Die Beteiligung von Bürgern am Organisationshandeln setzt voraus, dass Institutionen Partizipationsräume schaffen und sich gegenüber Bürgervorschlägen responsiv verhalten (…) Umgekehrt benötigt eine Organisation, die sich stärker zur Zivilgesellschaft hin öffnet, Bürger, die ihre Kompetenzen und ihr Wissen einbringen können und wollen. Erfolgreiche Bürgerbeteiligung in Organisationen hängt demnach auch von den Partizipationsressourcen der Bürgerschaft und nicht nur von den institutionellen Beteiligungsangeboten ab.
Wir haben es also mit der Gleichung ÂBürgerbeteiligung = Responsivität von Organisationen zu tun und es geht darum, auf beiden Seiten dieser Gleichung zu arbeiten, wenn das Bürgerengagement und damit die Demokratisierung unserer Gesellschaft weiter vorangetrieben werden soll (..)” (Reiser 2010, 1).
Man kann das Bürgerengagement nicht zentralstaatlich verordnen und erfolgreich fördern, man kann nur Strukturen schaffen – vor allen Dingen lokal – die Bürger als Mitgestalter und Partner ernst nehmen. Und hier müssen gemeinnützige Organisationen die Hauptverantwortung übernehmen. Es macht keinen Sinn, die Verantwortung von sich weg und dem Staat zu zu schieben, weil eine wirkliche Öffnung für bürgerschaftliche Mitarbeit zu schmerzhaften Veränderungen speziell im verbandlichen Nonprofit-Bereich führen würde. Bürgerbeteiligung kostet ihren Preis, – man erhält sie nicht ohne eine Demokratisierung verbandlicher und professioneller Entscheidungsstrukturen.
Meines Erachtens müssen vier Aufgabenfelder im Mittelpunkt stehen, wenn die Mitarbeit und die Partizipation von Bürgern gefördert werden soll:
- die Schaffung von mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten im Dritten Sektor. Dies bedeutet, dass sich die gemeinnützigen Dienstleister von ihrer professionellen Dominanz verabschieden müssen. Die Zukunft gehört Koproduktionsmodellen, bei denen Bürger und Sozialeinrichtungen gleichberechtigt miteinander soziale Dienstleistungen konzipieren und erbringen.
- die Förderung der Beteiligungskompetenzen von Bürgern und Communities. Es reicht nicht aus, im Dritten Sektor jeweils organisationsintern das freiwillige Engagement zu fördern. Notwendig ist der Blick auf das Gemeinwesen bzw. auf die unterschiedlichen Communities in den Gemeinden, die gestärkt werden müssen. Der einzelne Bürger wird durch eine vielfältige und handlungsstarke Zivilgesellschaft in seinen individuellen Partizipationsbemühungen unterstützt.
- der Aufbau von Netzwerken auf kommunaler Ebene, die Bürger, Dritt-Sektor-Organisationen, staatliche und wirtschaftliche Akteure umfassen. Wo viele Communities untereinander gut vernetzt sind, existiert mehr Bürgerbeteiligung als in Gemeinden ohne entsprechende Netzwerkstrukturen. Wichtig ist nicht nur die Vernetzung an sich, sondern insbesondere der Ressourcenaustausch der Akteure untereinander und das Handeln der Beteiligten.
- die Einbeziehung des Internets in die alltägliche Arbeit von gemeinnützigen Organisationen. Es bietet die Infrastruktur für Vernetzung, Kooperation und kollektive Aktionen. Um niemanden auszuschließen sollte die digitale Inklusion ein wichtiges Arbeitsfeld für alle sein, die Leistungen mit Bürgern und für Bürger erbringen.
Wer an diesen vier Ideen im Detail interessiert ist, kann hier meinen gesamten Aufsatz lesen, der im Wegweiser Bürgergesellschaft 19/2010 erschien. Der Beitrag wird in einem Band der Stiftung Mitarbeit über die Zukunft der Bürgerbeteiligung erscheinen, der die Vorträge der gleichnamigen Tagung, die im September stattfand, enthält.
Hallo Brigitte, vielen Dank für deinen aufschlussreichen Beitrag. Ich hatte das Papier zur Nationalen Engagement-Strategie noch nicht gelesen und dennoch einiges davon gehört, was sich nun (leider) bewahrheitet. So hatte es in der ersten und zweiten Runde des Forums noch die Fachgruppe “Infrastruktur” gegeben, die nun – so scheint es mir – in Gänze aus dem Programm gestrichen wurde.
Wenn es auch nicht sinnvoll ist, scheint es mir doch einleuchtend, dass Kommunen, Bund und Länder die Hauptakteure bei der Förderung von Engagement und Partizipation sein sollen. Es sollte inzwischen klar geworden sein, dass freiwilliges Engagement nicht ohne beständige Strukturen gefördert werden kann. Da nun aber die Infrastruktur von Dritt-Sektor-Organisationen nicht gefördert wird, bleiben ja nur Bund, Länder und Kommunen. Eigentlich traurig, resultiert die Nicht-Förderung offenbar aus einem tief sitzenden Misstrauen gegenüber dem Dritten Sektor. — Woher kommt dieses Misstrauen?
Der Staat sollte den Dritten Sektor bei seiner Öffnung hin zur Zivilgesellschaft und bei der Schaffung von mehr Teilhabe für Nutzer/Bürger/Communities unbedingt unterstützen, insbesondere finanziell. Denn Partizipationsverfahren kosten viel Zeit und damit Geld und partizipationsfreundliche Strukturen müssen geschaffen und gepflegt werden.
Andererseits muss sich der Dritte Sektor nach alternativen Finanzquellen umsehen, um seine Abhängigkeit von staatlichen Institutionen zu reduzieren. Auch, wenn es darum geht, Bürgerengagement- und beteiligung zu fördern. Wenn der Dritte Sektor zu sehr auf den Staat fixiert ist, leidet seine Legitimation als *zivilgesellschaftlicher* Akteur.
Es ist schon ein Ritual geworden, dass sich Nonprofits automatisch an den Staat wenden, wenn finanzielle Mittel fehlen. Darüber geraten die Ressourcen der Bürger bzw. der Gesellschaft aus dem Blickwinkel von NPOs, – mit negativen Folgen für ihre Innovations- und Problemlösungsfähigkeit.
Der Staat lässt sich auf die Hilferufe von NPOs gerne ein, – und zieht die Sache dann an sich, – mit allen Konsequenzen für die Ausgestaltung von Politikfeldern. Das ist die Situation, die ich kritisiere, wenn ich sage, dass sich der Dritte Sektor in unserem Land in der Defensive befindet. Ein so defensiver Sektor ist aber ein schlechter Lehrmeister, wenn es darum geht, Bürger zu ermächtigen und Partizipationschancen auszubauen. Es fehlt hier an dem Selbstbewusstsein, dass man Bürgern durch mehr Beteiligung eigentlich vermitteln möchte.
Liebe Frau Reiser, ich warte schon immer gespannt auf Ihre neuen Blogbeiträge. Die Art in der Sie die über Themen schreiben regt mich immer wieder zu einer aktiven Auseinandersetzung und dem Versuch Ihre Inhalte auf konkrete Situationen vor Ort umzusetzen an. Deshalb freue ich mich auch schon sehr darauf, Sie nächste Woche in Berlin live kennen zu lernen.
Schon mehrfach haben wir uns auf unseren Blogs über Formen der Bürgerbeteiligung und das Thema Koproduktion ausgetauscht und heute möchte ich Ihren Beitrag zum Anlass nehmen, mir vorzustellen, welche Wege ich wählen würde, um mich ehrenamtlich zu engagieren, wenn ich nicht bei einem der großen Wohlfahrtsverbände arbeiten würde:
Wäre ich auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit würden mir zuerst Schüler einfallen, die in Richtung ihres Schulabschlusses noch unentschlossen sind, was sie machen sollen. Öfter erlebe ich eine gewisse Orientierungslosigkeit und kann mich daran erinnern, dass es mir am Ende meiner Realschulzeit genauso gegangen ist. Nie hätte ich gedacht, einmal zu studieren und trotzdem ist es dann so gekommen.
Ich denke gar nicht mal an Problemschüler mit Migrationshintergrund oder Hauptschüler mit geringen Chancen auf dem Ausbildungsmarkt. Mein Blick richtet sich eher auf Realschüler und Gymnasiasten – also die Schülerinnen und Schüler, die noch nicht im Fokus irgendwelcher Sozialarbeit stehen. Hier könnte ich mir gut vorstellen meine Fähigkeiten aus dem Coaching einzubringen und gemeinsam mit den Schülern Perspektiven für eine berufliche Zukunft zu entwickeln.
Steht diese Idee, würde ich mich direkt an die nächsten Schulen in meinem Umfeld wenden und versuchen Kontakt zu den Schulleitungen aufzunehmen. In gar keinem Fall würde ich auf die Idee kommen, mich bei einem Wohlfahrtsverband damit zu melden. Alleine die Namen wie Paritätischer Wohlfahrtsverband, Arbeiterwohlfahrt, Caritas oder Diakonie klingen schon schrecklich nach alten Menschen, Selbsthilfegruppen und sonstigen Dingen, mit denen ich lieber nichts zu tun haben möchte.
Außerdem: Warum sollte ich noch jemanden dazwischen schalten, wenn meine Idee doch fertig ist? Da lasse ich mir nicht so gerne etwas aus der Hand nehmen und dackel dann womöglich später hinter einem Sozialarbeiter her, der mich dem Schulleiter vorstellt: “Das ist unser Ehrenamtlicher, der Herr Zollondz, der würde gerne mit den Schülern bei Ihnen arbeiten.” Das geht gar nicht und macht auch keinen Sinn. Ich will dem Schulleiter auf Augenhöhe begegnen und meine Ideen selbständig vorbringen.
Für das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit könnte ich natürlich ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Sollte das nicht ausreichen, würde ich aber immer noch keinen Grund sehen, mich bei einem Wohlfahrtsverband zu melden. Zuerst würde ich vielleicht bei der Bürgerstiftung anfragen, ob sie meine Idee unterstützen und mir den benötigten Rückhalt geben kann. Hilft das auch nicht, könnte ich vielleicht selber ein kleines Projekt gründen, notfalls noch in Form eines eingetragenen Vereins. Mitstreiter für diese Idee finde ich bestimmt schnell, mir fallen da gleich ein paar ein…
Das ist ein kleiner Ausschnitt aus den Gedanken, die mir beim Lesen Ihres Beitrages spontan eingefallen sind.
Sie schreiben weiter: “Soviel Bürgerbeteiligung ist löblich, ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Thema ÂFörderung des Bürgerengagements mit der Engagementstrategie des Bundes zu einem Âzentralstaatlich gesteuerten Anliegen geworden ist (Dahme/Wohlfahrt 2010, 146). Der wichtigste Satz im Kabinettsbeschluss lautet: ÂBund, Länder und Kommunen sind zentrale Akteure in der EngagementförderungÂ
Diese Tendenz äußert sich in Bielefeld deutlich dadurch, dass die Stadt immer mehr Aufgaben im Bereich der Förderung des Bürgerengagements selber übernimmt und die Wohlfahrtsverbände nicht mit einbezieht. Ich bin da mit Ihnen einer Meinung, dass der Staat den Wohlfahrtsverbänden diese Aufgabe nicht abnehmen kann, sondern sie allenfalls durch Finanzen und entsprechende Leistungsverträge fördern kann.
Was die Wohlfahrtsverbände selber und ihre Öffnung nach Außen angeht scheint mir allerdings noch viel Arbeit notwendig. Ich denke, dass es Jahre dauern wird, bevor die Wohlfahrtsverbände sich umgebaut haben und die Idee der Koproduktion in ihre Strukturen integriert haben werden. Die Größe der Verbände und immer starrere Strukturen behindern hier eine Neuausrichtung.
Es gilt also, die Idee der Koproduktion immer wieder zu kommunizieren und Entscheider innerhalb der Wohfahrtsverbände zu erreichen. Ob dies durch eine Top- Down- oder Bottom-Up-Strategie erfolgen muss möchte ich hier gerne zur Diskussion stellen. Überzeugen kleine Best-Practice-Beispiele besser oder erfordert das Umdenken eine Entscheidung von oberster Stelle?
Lieber Herr Zollondz, vielen Dank für Ihr positives Feedback, was mein Blog angeht, – es freut mich, wenn ich Menschen inspirieren kann.
Mit Ihren Ideen, wie Sie eine ehrenamtliche Tätigkeit aufziehen würden, vollziehen Sie die Strategien nach, die viele Bürger ergreifen, wenn sie das Gefühl haben, an einer Problemlösung im gesellschaftlichen Bereich mitwirken zu wollen. Da wendet man sich nicht an die wohlfahrtsverbandlichen Einrichtungen in der Nachbarschaft, deren eng fixierte Strukturen häufig abschrecken, sondern man sucht sich Mitstreiter/innen und stemmt selbst das Projekt – ohne intermediäre Organisationen oder höchstens mit einer fördernden Institution im Rücken.
Gerade weil ich die Sorge habe, dass dem verbandlichen Bereich – der ja auch über großartige Ressourcen und Erfahrungsschätze verfügt – , die Freiwilligen irgendwann davon laufen könnten, plädiere ich immer wieder für eine stärkere Öffnung des Dritten Sektors zur Zivilgesellschaft hin.
Allerdings könnte man hier auch ganz andere Ansichten vertreten. Auf der im Blogbeitrag erwähnten Tagung meinte ein Teilnehmer: weshalb sich überhaupt noch für die Öffnung der Wohlfahrtsverbände einsetzen, – das seien “Dinosaurier”, die untergehen müssten weil die Zukunft dem Bürgerengagement und sozialen Diensten gehöre, die in Netzwerkstrukturen und nicht im Rahmen von Hierarchien arbeiten.
Es wird nicht wenige Menschen geben, die so denken, – die den verbandlichen Wohlfahrtsbereich schon abgeschrieben haben. Ich persönlich denke nicht, dass man auf die institutionellen Kompetenzen und Ressourcen der freien Wohlfahrtspflege wird verzichten können. Ich sehe den verbandlichen Teil des Dritten Sektors nicht als Dinosaurier, sondern grundsätzlich als Potential – allein schon durch die räumliche Verbreitung – das man für den Ausbau der Bürgerpartizipation unbedingt nutzen sollte.
Allerdings muss der verbandliche Bereich umdenken und umsteuern. Und das sollte unbedingt an der Spitze erfolgen, weil die Spitze eine Vorbildfunktion hat und sich für eine veränderte Haltung im jeweiligen Verband stark machen muss. Das wird schwierig werden, weil sich die Sozialeinrichtungen vor Ort immer häufiger von der verbandlichen Steuerung absetzen und es dann stark von den jeweiligen Traditionen vor Ort abhängt, wie viel Spielraum die Mitarbeiter für gemeinwesenbezogene Vernetzungsaktivitäten bekommen. Ich teile Ihre Ansicht, dass noch ein sehr weiter und steiniger Weg vor den Verbänden liegt, – aber man darf die Hoffnung auf Wandel nie aufgeben.