Kategorie-Archiv: NPO-Blogparade

Das Wissen der Bürger nutzen – die Koproduktion von Entscheidungen im Dritten Sektor

In den sozialen Diensten dominiert das professionelle Wissen. Die sozialen Professionen haben sich im Laufe des letzten Jahrhunderts die Lizenz, d.h. die Erlaubnis, und das Mandat, d.h. den gesellschaftlichen Auftrag, zur Hilfe erworben und diese Rechte monopolisiert (Lorenzen/Zifonun 2011, 3). Das Wissen von Laien, d.h. von Bürgern, die mit gemeinnützigen Organisationen zu tun haben, hat es schwer, gegen dieses Monopol der Profession anzukommen. Dem Bürgerwissen wird sehr häufig der Sachverstand abgesprochen, die Neutralität und die Fähigkeit zur Selbstreflexion.

Die unterschiedliche Bewertung von Bürger- und Mitarbeiterwissen konstituiert das Machtverhältnis zwischen der Einrichtung und ihren Bürger-Stakeholdern mit. “Knowledge claims are always embedded in power relationships” (Corburn 2005, 64, in Anlehnung an Foucault). Und die Frage nach dem Wissen ist verknüpft mit der Frage nach den Entscheidungsbefugnissen. Oder anders formuliert: das Beharren auf der Superiorität professionellen Wissens gegenüber dem Wissen der Laien ist gleichzeitig auch immer der Versuch, letztere von Entscheidungsrechten fern zu halten.

Lorenzen und Zifoun sprechen dies in ihrem Beitrag offen an, wenn sie sich am Beispiel des Mentoring fragen, wie auf dieses “Einfallstor” für bürgerschaftliche Akteure in die professionelle soziale Arbeit reagiert werden kann. Wie könne die Profession “die eigenen gesellschaftlichen (…) Problemfelder besetzt (..) halten” angesichts des “massiven” Eintretens von Freiwilligen, welches die Soziale Arbeit unter Legitimations- und Handlungsdruck bringe (Lorenzen/Zifoun 2011,3).

Wenn sich die Mitarbeiter in den Einrichtungen mit der Frage auseinandersetzen, wie die Entscheidungsmacht in ihrem Haus oder in einem bestimmten Projekt verteilt ist und wie aus ihrer Sicht eine bessere Verteilung aussehen könnte, dann wünschen sich die Fachkräfte zumeist selbst in den inneren Kreis der Entscheider. Im Rahmen des Projekts Partizipative Qualitätsentwicklung des WZB, das ich im letzten Blogbeitrag zitiert habe, entwerfen die beteiligten Fachleute anhand der Kreise der Entscheidung eine Soll-Situation, die zwar den Klienten zum Teil mehr Mitsprache einräumt als den Geldgebern, die aber auch die Zielgruppen nicht oder nur selten in den inneren Kreis der Entscheidungsmacht vorlässt.

Die inneren Kreise der Entscheidungsmacht bleiben der Profession vorbehalten. Begründet wird dies so: “Durch diese Autonomie der Praktiker/innen soll eine Fachlichkeit gewährleistet werden”, über die – aus Sicht der Fachleute – “weder die Zielgruppe noch der/die Geldgeberin verfügen” (Wright/Block/Unger 2010, 75). Das Beharren auf der eigenen fachlichen Überlegenheit wird als Bollwerk gegen mehr Partizipation aufgebaut. Dies bedeutet, dass jeder, der an mehr Bürger-Partizipation in gemeinnützigen Einrichtungen interessiert ist, gleichgültig ob über das Internet oder offline, sich mit der dortigen Rolle des professionellen Wissens auseinander setzen muss.

Mehr Partizipation und Mitbestimmung für Bürger in gemeinnützigen Organisationen wird erst möglich, wenn das Bürgerwissen aufgewertet und nicht als Konkurrenz, aber auch nicht als bloße “Ergänzung” professionellen Wissens betrachtet wird, sondern als notwendiger Bestandteil des Wissens einer NPO.

Holt man das Wissen der Profession aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft, dann zeigt sich, dass dieses wissenschaftliche Wissen sich nicht außerhalb von Zeit und Raum herausbildete, sondern im Austausch mit den gesellschaftlichen Institutionen und Akteuren – auch den Zielgruppen – gewonnen wurde. Das professionelle Wissen baut auf lokalem Bürger-bzw. Klientenwissen auf und ist insofern schon immer koproduziert (vgl. Corburn 2005).

Wer diese gesellschaftliche Bedingtheit des professionellen Wissens vor Augen hat, kann sich leichter auf einen Austausch mit Bürgern und deren Wissen und Erfahrungen einlassen. Fachlichkeit muss dann nicht als Monstranz vor sich her getragen werden, sondern Fachlichkeit erkennt den Einfluß gesellschaftlicher Kräfte auf den eigenen Kanon an und erkennt den Vorteil, die große Chance, die darin auch für die Profession liegt, weil Fachlichkeit durch das Bürger-Wissen empirisch gesättigter und problemlösungstauglicher wird.

Wenn das Wissen gemeinnütziger Träger koproduziert wird, bedeutet dies nicht, dass Bürgerwissen das Fachwissen schlägt. Sondern es bedeutet, dass Bürgerwissen und Fachwissen zusammengetragen wird, um soziale Probleme effektiv lösen zu können. Bürger und Profis sind auf Augenhöhe und die Anerkennung der Kompetenzen von Bürger-Helfern, Bürger-Klienten, Bürger-Spendern usw. ebnet deren Zugang zu den inneren Kreisen der Entscheidungsmacht.

Wie können gemeinnützige Einrichtungen vom Bürger-Wissen profitieren? In Jason Corburns “Street Science” (2005) finden sich einige Gedanken hierzu. Sie können als Argumente für das “crowdsourcing” gelesen werden, – für die Einbeziehung der Weisheit der Vielen, mit dessen Chancen und Risiken sich die aktuelle NPO-Blogparade im Blog von Karin Janner auseinandersetzt.

Das Wissen der Bürger

  • bringt die Pluralität der Perspektiven und Werte in unserer Gesellschaft zum Ausdruck und erweitert fachliche Ansätze in gemeinnützigen Einrichtungen um diese Pluralität
  • ergänzt das Fachwissen um wichtige lokale empirische Erfahrungen bzw. Daten
  • beinhaltet auch die Perspektive von schwer erreichbaren Gruppen, über die kein oder zu wenig professionelles Wissen vorliegt
  • zeigt neue Wege für die Umsetzung von Maßnahmen auf
  • verbessert den Erfolg von Maßnahmen, weil das Feedback von Bürgern in die Programm-Konzeption schon einfließt.
  • Wenn eine Einrichtung das Wissen der Bürger ernst nimmt, wächst das Vertrauen der Zivilgesellschaft in die Einrichtung und vergrößert sich deren Legitimität.
    (Corburn 2005)

Um Bürgerwissen eine gleichberechtigte Position neben dem professionellen Wissen verschaffen zu können, ist es notwendig, dass auch Bürger die Stärken und Schwächen ihres Wissens mehr reflektieren. Es ist wichtig, über den rein privaten, individualistischen Standpunkt, der nur die eigenen Belange sieht (“wie fühlt sich mein Familienangehöriger in einer Einrichtung”, “welches sind meine Erfahrungen”) hinauszugehen. Und das eigene Wissen durch Beobachtung der gesamten Situation in einer Einrichtung und durch Vergleiche mit anderen Einrichtungen bzw. einen gemeinsamen Diskurs mit anderen Betroffenen zu objektivieren und zu erweitern. Wenn Bürger den rein auf sich bezogenen Blick hinter sich lassen, können sie die gemeinwesenorientierte Dimension ihres Wissens besser herausarbeiten.

Bürgerengagement fördern und erhalten, – für einen nachhaltigen Umgang mit Freiwilligen

In der aktuellen Runde der NPO-Blogparade fragt Hannes Jähnert, wie man “echte Partizipation” im Dritten Sektor fördern kann. Die Blogparaden-Runde findet vor dem Hintergrund der im Herbst veröffentlichten Nationalen Engagementstrategie der Bundesregierung statt und dem derzeit laufenden Online-Dialog zu dieser Strategie, an dem BürgerInnen noch bis zu 17. Dezember teilnehmen können.

Alle Akteure – der Staat, gemeinnützige Organisationen, Kommunen usw. – machen sich Gedanken darüber, wie man das bürgerschaftliche Engagement fördern kann. ‘Partizipation’ im Sinne von echter Teilhabe an Entscheidungen im Dritten Sektor spielt in diesen Diskursen keine herausragende Rolle. Auch fehlt eine Diskussion darüber, inwieweit die Strukturen gemeinnütziger Organisationen für den Umfang, die Ausgestaltung und die Grenzen des bürgerschaftlichen Engagements verantwortlich sind. Schon in meinem vorletzten Blogbeitrag habe ich mich mit den Möglichkeiten der Partizipationsförderung im gemeinnützigen Sektor und der nationalen Engagementstrategie auseinandergesetzt. Deshalb möchte ich für die aktuelle Runde der NPO-Blogparade den Kreis etwas weiter ziehen und fragen, weshalb Partizipation als Thema in den offiziellen Verlautbarungen zum Bürgerengagement eine so geringe Rolle spielt.

Meiner Auffassung nach kranken die meisten Ansätze zur Förderung des Bürgerengagements daran, dass sie den Aspekt der Rekrutierung und Anwerbung in den Mittelpunkt stellen. Sie befassen sich zu wenig mit der Frage, wie eine Einrichtung Freiwillige halten und pflegen kann, damit sie sich gerne und langfristig engagieren. Wertschätzung und die Bildung von Freiwilligen, die der Staat anstrebt, sind wichtig, – aber nicht ausreichend. Es geht um Mitgestaltung und Mitbestimmung bzw. um die Frage, wie Bürger gemeinsam mit sozialen Diensten Hilfen konzipieren und anbieten können. Das ‘Soziale’ ist nichts, was an Fachleute delegiert werden kann, das ‘Soziale’ betrifft uns alle, – nicht nur als Helfer, sondern als Mitdenker, als Mitplaner und als Geldgeber.

Laut Brudney und Meijs (2009) stagniert oder sinkt die Anzahl der bürgerschaftlich Engagierten, weil die Ressource des bürgerschaftlichen Engagements von den Organisationen, die das Engagement abrufen und nutzen, nicht nachhaltig bewirtschaftet, sondern – wie viele andere natürliche Ressourcen auch – zugunsten kurzfristiger und rein organisationsbezogener Ziele ausgebeutet wird.

Vielleicht ist auch der Trend zum zeitlich befristeten Engagement, der Unwille von Bürgern, sich länger an eine NPO zu binden, gar nicht so sehr zeitlichen Restriktionen auf Helferseite geschuldet, sondern dem nachlässigen Umgang Gemeinnütziger mit den Freiwilligen, der letzteren wenig Anreiz bietet, sich länger als notwendig auf eine gemeinnützige Einrichtung einzulassen.

Jedenfalls stagniert auch in Deutschland das bürgerschaftliche Engagement (36% der Bevölkerung engagieren sich) und verändert sich inhaltlich in Richtung immer kürzerer Einsätze. Dementsprechend wird die Konkurrenz unter den Trägern um die kostbare Ressource ‘freiwillige Helfer’ immer härter, ohne dass gleichzeitig das Freiwilligen-Management in den Organisationen flächendeckend verbessert würde.

Mein Bloggerkollege Stefan Zollondz beschreibt in seinem Beitrag zur Blogparade die Konkurrenz von NPOs um die sogenannten “Premium-Ehrenamtlichen” oder “A-Ehrenamtlichen”, die sich durch Selbstständigkeit und gute Bildung auszeichnen.

Weil Nonprofits das Ehrenamt aus einer organisations- und nicht community-bezogenen Perspektive betrachten, kommt es zu dieser Entwicklung: man sucht den Besten für den vorhandenen Freiwilligen-“Arbeitsplatz”. Engagementwillige mit Schwächen, psychischen Defiziten o.ä. sind nicht so sehr willkommen. Sie bedeuten mehr Aufwand als Nutzen.

Würde man den organisationsbezogenen durch einen community-orientierten Blickwinkel ersetzen, wäre die Situation eine andere. Alle freiwilligen Helfer wären willkommen, weil die Förderung der Partizipation und das Community-Building über Engagement zur Kernfunktion von Nonprofits gehörten.

Davon ist die Realität aber weit entfernt. Wohlfahrtsverbandliche Einrichtungen konzentrieren sich als professionelle Dienstleister auf Effizienz- und Effektivitätsziele, die wenig Raum für Teilhabe und das Community-Building – über den engen Kreis der eigenen Klientel hinaus – zulassen.

Um Nonprofits einen Weg in das Community-Building hinein zu ebnen und ihre Rolle als Förderer und Ermöglicher von Partizipationsprozessen zu stärken, müsste sich vieles ändern: Gesetze, Finanzierungsrichtlinien, Umsetzungsprogramme. Aber auch das Selbstbild von Nonprofits und das Bild, das der Staat vom Dritten Sektor hat.

Nirgendwo in der Engagementstrategie der Bundesregierung wird auf diesen Zusammenhang zwischen den Dritte-Sektor-Stukturen und dem Bürgerengagement ausführlicher eingegangen. Auch Nonprofits selbst stellen den Zusammenhang zwischen ihren Strukturen und dem Erfolg oder Misserfolg der Inklusion von Freiwilligen nicht heraus. Statt
dessen hat man sich an den “endless cycle of recruitment” gewöhnt: “If volunteers cannot be retained, new one must be found to replace them” (Brudney/Meijs 2009, 568). Ein Ende dieses wenig nachhaltigen Umgangs mit der Ressource der freiwilligen Helfer ist nicht abzusehen.

Eine Verbesserung kann hier erst eintreten, wenn gemeinnützige Organisationen community-orientierter arbeiten und Freiwilligen auf Augenhöhe begegnen. Dies wären auch zwei Bedingungen die erfüllt sein müssten, wenn “echte” Partizipation in und über gemeinnützige Organisationen gefördert werden soll.

Nachhaltiges Fundraising – welche Bausteine sind wichtig?

Das Fundraising 2.0-Blog ist Gastgeber der 18. NPO-Blogparade. Jörg Eisfeld-Reschke fragt, wie es gelingen kann, dass sich Online-Freunde, Fans und Follower für eine gemeinnützige Organisation auszahlen?

Er beschreibt den “Traum eines Online-Fundraisers”, der so aussieht: durch die Präsenz im Social Web kommen “sehr schnell (..) hunderte Follower auf Twitter und Tausende Fans auf Facebook zusammen. Ab dem ersten Tag werden sie zu Spendern, starten Anlaßspenden-Aktionen zu ihrem Geburtstag und schreiben im Blog darüber, dass sie dieser gemeinnützigen Organisation ihr Vermögen hinterlassen werden.”

Diesen Traum träumen sicherlich sehr viele NPOs, – anders kann man sich deren Interesse an Online-Fundraising als ersten Schritt im Social Web nicht erklären. Was die meisten interessiert, ist das schnelle Geld oder wie es auf der Lernspielwiese heißt “Freunde, Fans und Follower -los! Zahlt euch für mich aus”.

Dass dieser Traum des Dritten Sektors nach schnellem Geld aus der Zivilgesellschaft als Ersatz oder Ergänzung für gekürzte Mittel von staatlicher Seite ein Traum bleiben wird, stellt Reschke in seinem Beitrag dar.

Aus meiner Sicht müssen viele Aspekte berücksichtigt werden, wenn das Fundraising im Netz von dauerhaftem Erfolg sein soll.

Nachhaltiges Fundraising schafft einen Mehrwert für die Organisation und ihre Stakeholder und das Gemeinwesen. Nachhaltiges Fundraising baut vertrauensvolle, dauerhafte Beziehungen auf und vermeidet alles, was diese Beziehungen zugunsten kurzfristiger und allein organisationsbezogener Ziele schädigen könnte. Nachhaltiges Fundraising setzt auf Kooperation, wechselseitigen Dialog und die Koproduktion von Leistungen. Nachhaltiges Fundraising lässt den binnenorienten Blick vieler NPOs hinter sich, öffnet sich nach außen hin und rückt die Beziehungen zu den Stakeholdern in den Mittelpunkt. Nachhaltiges Fundraising setzt einen Perspektivenwechsel in NPOs voraus, den ich an anderer Stelle beschrieben habe. Er verändert das Verhältnis zwischen dem Dritten Sektor und der Zivilgesellschaft: statt Dinge für Bürger zu tun, arbeitet und plant man mit ihnen gemeinsam.

Welche Bausteine sind für ein nachhaltiges Fundraising im Internet relevant, das dauerhaft vielfältige Ressourcen aus dem gesellschaftlichen Raum akquirieren kann?

  1. Partizipation der Nutzer
  2. Responsivität der Oganisationen
  3. Wechselseitigkeit des Austausches
  4. Diversität von Netzwerken
  5. Passende Technologien
  6. Bedeutung der lokalen Ebene

Zu 1. Partizipation der Nutzer: wie die meisten Beiträge zur NPO-Blogparade herausstellen, braucht es in jeder Fundraising-Situation viele unterschiedliche und niedrigschwellige Mitmachmöglichkeiten für die Nutzer. Partizipation fördert die Integration von Menschen in Netzwerke und damit auch die Bildung von Unterstützerkreisen zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung. Wichtig ist es, Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Nutzern zu schaffen, also das Netzwerk nicht vertikal – zur gemeinnützigen Organisation hin – auszurichten, sondern horizontal mit Blick auf die Community hin auszubauen.

Nutzer müssen befähigt werden, selbst als Multiplikatoren, Fundraiser, Wissenssammler usw. für die gemeinnützige Organisation aktiv zu werden. Von den Kontakten, die sie dabei sammeln, kann eine NPO erneut profitieren. Deshalb ist die Fixierung auf Spenderdatenbanken, wie dies in der Nonprofit-Szene üblich ist, auch unzureichend: Eine NPO profitiert nicht nur von den hier gesammelten Einzelpersonen, sondern auch von deren Netzwerken.

Zu 2. Responsivität von Organisationen: dieser Punkt wurde hier im Blog schon häufig thematisiert: man kann die Partizipation der Nutzer nicht ohne die institutionelle Seite betrachten, d.h. Organisationen müssen Partizipationsräume schaffen und sich responsiv verhalten, wenn sie möchten, dass Bürger sich einbringen. Wer die Bürger-Nutzer mit fertigen Strategien und Projekten konfrontiert, wird deren Bereitschaft zum Mitmachen zum Erlahmen bringen.

Zu 3. Wechselseitigkeit des Austausches: wie wichtig die sogenannte “Reziprozität” des Austausches in Netzwerken ist, beschreibt einer der Beiträge zur NPO-Blogparade. Netzwerke bilden nur eine Struktur. Ob man das in ihnen eingebettete soziale Kapital heben kann, hängt davon ab, ob man am wechselseitigen Austausch partizipiert. Wer immer nur etwas aus dem Netzwerk will, aber keine Ressourcen investiert, ist von der Nutzung des sozialen Kapitals ausgeschlossen (vgl. – sehr interessant – Jo Ann Schneider 2009)

Zu 4. Diversität von Netzwerken: je pluraler Netzwerke aufgebaut sind, desto unterschiedlicher sind die Ressourcen, von denen die am Austausch Beteiligten profitieren können. Bleibt eine NPO in ihrem angestammten Biotop, wird sie immer auf dieselbe Ressourcenkonstallation stoßen. Dringt sie in neue Milieus und Netzwerke vor, ändert sich auch die Zusammensetzung der Ressourcen, die ihr potentiell zu Verfügung stehen: “Diverse resources flow through diverse networks” (Hampton/Lee/Her 2010, 5). Die bloße Anzahl von Kontakten, auf die viele NPOs und Fundraiser fixiert sind, sagt noch gar nichts über deren Diversität aus bzw. über den Ressourcenreichtum eines Netzwerks.

Zu 5. Passende Technologien: Nicht jede IuK-Technologie fördert direkt die Pluralität von Netzwerken, die für die Ressourcenvielfalt eines Netzwerks – und damit auch für den Fundraisingerfolg – entscheidend ist. In der Studie von Hampton/Lee/Her 2010 (via neighbourhoods) wurden die Netzwerke bzw. das soziale Kapital von über 2000 Erwachsenen untersucht. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie sich IuK-Technologien und speziell Social Media auf die Diversität von Netzwerkkontakten auswirken. Das Ergebnis zeigt, dass Online-Communities die Diversität der Nutzer-Netzwerke unmittelbar vergrößern. Wohingegen Blogging, Photosharing oder der Einsatz von Mobiltelefonen nur indirekt – vermittelt über lokale Zusammenhänge – die Netzwerkvielfalt fördern.

Zu 6. Die Bedeutung der lokalen Ebene: Auch für das Online-Fundraising verliert die lokale Ebene nicht an Bedeutung. Die Studie von Hampton/Lee/Her 2010 verdeutlicht, dass Social Media nicht unmittelbar – außer im Fall von Online-Netzwerken – Diversität schaffen. Sondern dass das Zusammenspiel von lokalem Engagement und Internetgebrauch in den meisten Fällen sehr wichtig ist, um vielfältiges soziales Kapital aufzubauen. Auch das Online-Fundraising muss deshalb Anknüpfungspunkte zur lokalen Ebene und zu konkreten Mitmachmöglichkeiten bieten. “Place is not lost as a result of the affordances of new technologies, but place-based networks are reinforced and made persistent” (Hampton/Lee/Her 2010, 25).