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NPO-Blogparade: Der Videoeinsatz von Nonprofits im Sozialbereich

In der 6. Runde der NPO-Blogparade fragt Ulrike Schmid von Kultur 2.0 , weshalb gemeinnützige Organisationen Bewegtbilder bzw. audiovisuellen Content wie Videos noch so wenig nutzen.

Nonprofits haben meines Erachtens mit professionell erstellten Videos kein inhaltliches Problem, sondern lediglich ein finanzielles. Denn zwischenzeitlich hat es sich auch im Nonprofit-Sektor herumgesprochen, dass man Videos sehr gut für das eigene Marketing oder für das Fundraising einsetzen kann. Vor zwei Jahren waren die Potentiale von Videos vielleicht noch unbekannter. Aber zwischenzeitlich zählen Videos zum Standard im Internet. Die Hälfte aller Onliner in Deutschland schaut sich Videos auf Videoportalen an. Bei den unter Dreissigjährigen liegt der Anteil der Videonutzer bei 84% (ARD/ZDF-Onlinestudie 2008 ). Dass Videos deshalb eine wichtige Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit spielen können, ist bei den etablierten gemeinnützigen Trägern als Botschaft angekommen. Die großen Verbände nutzen zwischenzeitlich auch Videos, wie bspw. die Caritas, die derzeit mit einem beeindruckenden Beitrag auf Youtube zu sehen ist (via H. Schmidt ).

Wenn es von diesen professionell erstellten Videos immer noch nicht so viele gibt, dass sie auf jeder Webseite zum Standard gehören, dann wegen der chronischen Unterfinanzierung von Nonprofits. Angesichts der knappen Budgets beschränkt man sich häufig auf Texte und Photos. Der Mehrwert von Videos rechnet sich in einer solchen Konstellation laut Gerald Czech von Österreichischen Roten Kreuz nicht in jedem Fall.

Auch selbst erstellte (Amateur)Videos bekommen langsam ihren Platz im Nonprofit-Sektor. Erst heute habe ich im Netz entdeckt, dass die Akademie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes eine Ehrenamtsvideothek und eine Selbsthilfevideothek eröffnet hat und die Zielgruppen einlädt, ihre Videos hochzuladen. Selbst für die Fortbildung der Mitarbeiter werden Videos langsam eingesetzt. Diese Aktivitäten befinden sich noch im Aufbau, gehen aber in Richtung einer stärkeren Video-Nutzung.

Was derzeit aber in der Fläche noch ziemlich fehlt, das sind Videos, die von den Stakeholdern einer Organisation gemacht und anschliessend auf die Webseite der Organisation gestellt werden (nicht auf eine gesonderte Plattform). Als Videoproduzenten kommen in Frage: Klienten, Ehrenamtliche, Mitarbeiter, Spender, Freunde und Unterstützer. Themen für Videos könnten sein: Veranstaltungen der NPO, Klientenbefragung, Motivation der Ehrenamtlichen, Dokumentation von Diskussionsprozessen, Entwicklung von Hilfsprojekten, Problemlagen im Stadtteil usw.

Stakeholder könnten für Nonprofits zu einer Art "Social reporter" werden, wie sie dem britischen Blogger und Community-Aktivist David Wilcox vorschweben, – Reporter, die gemeinsam mit der gemeinnützigen Organisation Ideen sammeln, Erfahrungen verarbeiten, Problemen und offenen Fragen nachspüren, um einen sozialen Mehrwert für die Organisation, die Klienten und die Bürgerschaft zu generieren. Und dies alles mit Hilfe von Social Media-Tools wie eben der Videotechnik.
Auch Hannes Jähnert betont die wichtige Rolle, die Ehrenamtliche spielen könnten, wenn es darum geht, Videos für eine NPO zu erstellen. Insbesondere die jüngeren Mitglieder/Zivis/Ehrenamtlichen könnten hier eine Schlüsselrolle spielen.

Für das anspruchsvolle Konzept der "Social reporter", das Stakeholder zu Partnern der Nonprofit-Organisation macht, wenn es um Strategiefindung, Advocacy usw. geht, brauchen Nonprofits Mut, das technische Knowhow und die finanziellen Mittel für Schulungen. Hier müßten nun der Staat und private Stiftungen unterstützend wirken. Ihre Aufgabe müßte es sein, Nonprofits bei dem Wandel in das digitale Zeitalter stärker unter die Arme zu greifen. Angesichts der prekären finanziellen Situation von Nonprofits wird es (zu) lange dauern, bis sie sich das notwendige Social Media- Wissen auf der Basis eigener Ressourcen angeeignet haben.

Wenn man einen starken und kompetenten Nonprofit-Sektor anstrebt (und fordern hier in Deutschland nicht alle eine Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft?), dann muss die Allgemeinheit in die Kompetenzen von Nonprofits investieren. In meinem letzten Blogbeitrag habe ich berichtet, wie in Großbritannien das Knowhow von Nonprofits mit Hilfe öffentlicher Gelder weiterentwickelt wird. Und wie in den USA gemeinnützige Organisationen staatliche Unterstützung für den Ausbau der eigenen Kompetenzen einfordern, weil ein schlechter Nonprofit-Sektor niemandem dient, – schon gar nicht dem Staat und dessen Legitimation.

Die Videoproduktion könnten also einzelne Nonprofits im Rahmen öffentlicher (oder privat geförderter) Progarmme lernen und dieses Wissen dann als Multiplikatoren an andere gemeinnützige Organisationen weitergeben. Wie bspw. der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg in der Vergangenheit als Multiplikator für das Podcasting unterwegs war, allerdings nur für die eigenen Verbandsmitglieder. Potentielle Träger eines solchen Förderprogrammes gibt es genug: die Palette reicht von den Landesmedien-
anstalten bis zu den Film- und Medienhochschulen. Aber auch die großen Stftungen sind gefragt, wenn es um die Weiterentwicklung der Kompetenzen von Nonprofits im Bereich Social Media geht.

Wenn Nonprofits hier in Deutschland in der Fläche noch so weit zurückliegen, was ihre Social Media-Kompetenzen betrifft, dann liegt dies auch daran, dass ihr politisches/administratives Netzwerk sie in dieser Sache zu wenig unterstützt. Und Nonprofits es versäumen, auf die staatlichen Akteure entsprechend Druck auszuüben und parallel sich nach zusätzlichen Unterstützern aus dem gesellschaftlichen Bereich umzusehen.

WikiWednesday Stuttgart

Zum zweiten Mal gab es einen WikiWednesday in Stuttgart mit vielen Teilnehmern, guter Atmosphäre und interessanten Kurzreferaten. Oliver Gassner hat live mitgebloggt, so dass sich jeder einen Überblick über die Beiträge verschaffen kann.

Was ich persönlich interessant fand: die Information, dass Wikis in vielen Unternehmen bottom-up eingeführt werden, sozusagen durch die Hintertür. Zuerst installiert sich jemand im IT-Bereich das eigene Wiki, dann werden Kolleg/inn/en aus anderen Abteilungen darauf aufmerksam, die auch so etwas haben wollen, so dass die Wiki-Verbreitung immer größere Kreise zieht. Am Ende kommt die Geschäftsführung nicht drum herum, das neue Tool zu legitimieren. Problem hier: am Ende hat eine Organisation unzählige unterschiedliche Wikis, was dann zu Wirtschaftlichkeits- und Effektivitätsverlusten führt. So weit sollte es nicht kommen.

Aber die bottom-up-Einführung entspricht dem Ratschlag von Heiko Wöhr, der bezüglich Wikis sinngemäß sagte: nicht darüber reden, sondern machen. Und zu Beginn das Wiki einfach als persönliches Notizbuch nutzen.

Das könnte doch auch eine gangbare Strategie für Nonprofit-Mitarbeiter sein.