Alle Artikel von Brigitte Reiser

Über die “Denkschrift Bürgergesellschaft, Berlin 2009”: – welcher Weg soll eingeschlagen werden?

Nachdem in den USA seit März eine Deklaration kursiert, die ein neues Verhältnis zwischen Staat und Drittem Sektor anstrebt, liegt nun auch in Deutschland eine Denkschrift zur Zivilgesellschaft vor.

Sie trägt den Titel: "In eigener Regie! Plädoyer für eine bessere (Selbst-)Steuerungs- und Leistungsfähigkeit der Bürgergesellschaft" und ist in Berlin im Newsletter Nr. 9 des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement erschienen. Die Autoren sind Holger Backhaus-Maul, Stefan Nährlich und Rudolf Speth, die alle mit dem Verein Aktive Bürgerschaft verbunden sind. Angesichts der Bundestagswahl ist der Zeitpunkt günstig, um eine Diskussion über das Projekt Bürgergesellschaft anzustoßen und sich für eine Neujustierung des Verhältnisses zwischen Staat und Nonprofits einzusetzen.

Die Denkschrift lädt zum Dialog ein und hofft auf Unterstützer, die das Papier unterschreiben.

Die Autoren schlagen folgendes vor:

  • "Die Bedeutung, Autonomie und Förderung bürgerschaftlichen Engagements im Grundgesetz zu verankern
  • die staaliche Finanzierung bürgerschaftlichen Engagements von parteipolitischer und verwaltungsbürokratischer Einflussnahme dauerhaft zu befreien
  • die Steuerung der Bürgergesellschaft in Form einer Selbstverwaltung zu institutionalisieren" (S.3).

Die öffentlichen Gelder für bürgerschaftliches Engagement sollen in einen zu bildenden "Fonds Bürgergesellschaft" eingebracht und von einer unabhängigen Vergabekomission (ohne die Beteiligung von Parteien, Verwaltung oder Nonprofits selbst) an die zivilgesellschaftlichen Akteure verteilt werden.

Ein Sachverständigenrat soll die Arbeit der Vergabekommission begleiten. Diese muss den Empfehlungen des Rates aber nicht folgen.

Noch zu gründende Agenturen sollen die Evaluation, das Rating- und Benchmarking des Dritten Sektors vorantreiben. Die Agenturen sollen Regelungen aufstellen, die die Leistungsfähigkeit des Dritten Sektors steigern können. Der Staat selbst soll dann die Einhaltung dieser Vorschriften überwachen.

Darüber hinaus fordert die Denkschrift die Einführung einer gesetzlichen Publizitätspflicht für gemeinnützige Organisationen und die Qualifizierung von Freiwilligen, die ein Ehrenamt in Vereinsorganen inne haben.

Die Kernthese der Denkschrift lautet: "Der Schlüssel zum Erfolg der Bürgergesellschaft liegt (..) in deren eigener Steuerungs- und Leistungsfähigkeit" (S. 4). Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Verbindungen zum bisher steuernden politisch-administrativen System reduziert werden sollen und man sich durch diese Entpolitisierung sowohl der Zivilgesellschaft als auch der sie steuernden Verfahren eine bessere (Weiter)Entwicklung des Dritten Sektors erhofft.

Diese Vorschläge überraschen. Während der Dritte Sektor im anglo-amerikanischen Bereich dezidiert eine stärkere politische Teilhabe einfordert (in den USA wird gerade darum gekämpft, in Großbritannien sind Nonprofit-Belange auf höchster politischer Ebene institutionalisiert, s. hier ), wird in der Denkschrift ein anderer Weg vorgeschlagen, der eher zur hiesigen politischen Tradition passt: nämlich ein "Ausstieg" aus dem politischen Kontext hin zu einer Versachlichung der Themen und der Förderung der Zivilgesellschaft.

Die empfohlene Entpolitisierung kommt in der geplanten "unabhängigen Kommission" (ist überhaupt irgend jemand unabhängig im Sinne von wertneutral?) zum Ausdruck und in den Hoffnungen, die mit der verstärkten Evaluierung von Nonprofits verbunden sind. Zahlen, Kennziffern, Rankings etc. suggerieren Sachlichkeit und Neutralität.

Aber diese Neutralität und angestrebte Politikferne sind eine Fiktion: wir müssen anerkennen und akzeptieren, dass alle Entscheidungen, die im Bereich der Zivilgesellschaft gefällt werden, einen politischen Charakter tragen. Wir können die Zivilgesellschaft nicht aus ihrem politischen Kontext herauslösen und Objektivität anstreben, wo es keine geben kann, weil ziviles Engagement und gemeinnützige Organisationen immer mit Werten verbunden sind.

Der Vorschlag der Autoren bedeutet einen Rückzug der Zivilgesellschaft aus dem gemeinsamen politischen und öffentlichen Kontext. Die Rolle des Staates soll die eines "Nachtwächters" sein, der die von der Zivilgesellschaft entwickelten Standards überwacht, sie finanziert (über eine Mittlerinstitution) und sich ansonsten in "respektvoller Zurückhaltung gegenüber der Bürgergesellschaft" übt (S. 11).

Allein aus demokratietheoretischen Überlegungen heraus finde ich diese Vision prekär: denn es sollte schon Aufgabe der Parlamente sein, die Mittel an die Zivilgesellschaft zu vergeben und nicht die Aufgabe einer – wie auch immer neutral besetzten – Vergabekommission. Wir brauchen keinen Rückzug der Zivilgesellschaft aus dem politischen Kontext, sondern wir brauchen – im Gegenteil – eine viel stärkere Expansion zivilgesellschaftlicher Belange in den politischen Raum.

Sicher, die Autoren haben recht: das politisch-administrative System nimmt massiv Einfluß auf den zivilgesellschaftlichen Bereich und gängelt hier sehr häufig die Akteure.

Aber die Schuld an dieser Situation tragen nicht Staat und Politik allein. In einer Beziehung sind immer beide Seiten für den Status quo verantwortlich. So dass ganz klar konstatiert werden muss: die Stärke des Staates ist nur möglich aufgrund der Schwäche des Dritten Sektors . Hier haben es die Akteure bis heute nicht geschafft, ihre Machtpotentiale und damit ihre Handlungs- und Gestaltungsspielräume gegenüber dem Staat und der Politik zu nutzen. Das Versagen liegt also nicht auf Seiten des Staates, der sich einmischt (denn jeder nutzt gerne die eigenen Machtpotentiale…) sondern das Versagen liegt auf Seiten des Nonprofit-Sektors bzw. der Zivilgesellschaft, die sich nicht wehrt und in Verhandlungen ihre Kompetenzen nicht effektiv genug in die Waagschale wirft.

Im Unterschied zu der vorliegenden Denkschrift sehe ich den Schlüssel zum Erfolg der Bürgergesellschaft nicht in deren Steuerungs- und Leistungsfähigkeit, die auf das eigene System bezogen ist. Ich sehe den Schlüssel zum Erfolg der Bürgergesellschaft vielmehr in deren Kompetenz, über (System)Grenzen hinweg mit anderen Akteuren (Organisationen/Individuen) zu kooperieren .

In dieser Fähigkeit zur Kooperation über (systemische, organisationale, ideologische etc..) Grenzen hinweg liegt die Zukunft des Nonprofit-Sektors bzw. der Zivilgesellschaft. Es geht nicht darum, autopoietische Systeme zu schaffen, die sich selbst steuern – was die Denkschrift anstrebt – , sondern darum, die Systeme (Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Zivilgesellschaft) zu befähigen, miteinander zu kooperieren und Kompromisse einzugehen.

Speziell die kommunale Ebene bietet sich als idealer Lernort an, weil hier Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft auf engem Raum aufeinander treffen und miteinander umgehen (müssen). Auch Social Media bzw. die neuen Möglichkeiten des Internets können genutzt werden, um über Grenzen hinweg den anderen kennen zu lernen und miteinander ins Gespräch oder in Verhandlungen zu kommen.

Eine Konzentration der Zivilgesellschaft auf sich selbst ist nicht wünschenswert. Wer weiter wachsen und sich entwickeln will muss sich dem Anderen zuwenden, – und das heißt in diesem Fall, auch dem politischen und administrativen System.

Web 2.0, Partizipation und die Blogosphäre

Wenn wir Blogger/innen über Web 2.0 schreiben, dann erwecken wir häufig den Eindruck, als wäre die Einführung von Social Media das Ziel und nicht der Beginn der eigentlichen Herausforderung: nämlich der Kooperation und des Meinungsaustausches mit den Stakeholdern, die via Internet mit einer Organisation in Kontakt treten.

Der Umgang mit der verstärkten Partizipation von Bürgern, Klienten, Kunden und die Steuerung der Kooperation zwischen Organisation und Stakeholdern, – das ist meines Erachtens die wirkliche Aufgabe, die Social Media mit sich bringen. Alles andere – die Technik, die Social Media-Strategie, die Auswahl der Instrumente, die Einführung der Tools – das sind nur die Vorbereitungen für das wirkliche Spiel, das beginnt, wenn die partizipativen Tools installiert sind.

In der Blogosphäre gibt es überraschend wenig Beiträge, die sich mit dieser Zeit nach der Einführung von Web 2.0 befassen. Die meisten Blogger haben nur die erste Phase im Blick. Wenige liefern Ideen, wie Partizipation und Kooperation online und offline erfolgreich gestaltet werden können.

Vielleicht haben die etablierten Organisationen wie Kommunen und Nonprofit-Einrichtungen eine Vorahnung über die Herausforderungen, die Web 2.0 mit sich bringt, wenn Hierarchie auf Netzwerke und repräsentative Systeme auf direkte Demokratie stoßen. Vielleicht erklärt sich so ihre Zurückhaltung bezüglich der Implementation von interaktiven Instrumenten.

Web 2.0 hat einen eminent politischen Charakter, – nicht nur wegen möglicher Machtverluste auf Seiten hierarchischer Organisationen, sondern auch deshalb, weil es das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, Klient und professionellem Mitarbeiter, Nonprofits und Ehrenamtlichen usw. neu justiert.

Wird Web 2.0 angewandt, dann verkomplizieren sich die Politikformulierung und die Politikumsetzung (beides im weitesten Sinne), weil es den Kreis der Beteiligten ausdehnt. Je mehr Akteure mitsprechen, desto heterogener sind die Interessen, desto schwieriger ist die Entscheidungsfindung, desto weniger haben professionelle/fachliche Konzepte eine Chance, die sich plötzlich mit Vorschlägen von Laien konfrontiert sehen.

Es ist eine Fiktion, zu glauben, man könne in strittigen Fällen alles ausdiskutieren und früher oder später einen Konsens finden. In Wahrheit sind viele Positionen miteinander unvereinbar und es ist die Frage, ob Beziehungen, Projekte, Organisationen nicht an dieser schwierigen Entscheidungsfindung zwischen multiplen Akteuren – gefördert durch Social Media – zerbrechen können. Web 2.0-Anwendungen helfen uns aus diesem Dilemma nicht heraus. Lösungen sind nur aus der Weiterentwicklung partizipativer Konzepte und von Kooperationsverfahren zu erwarten.

Aus der Wissenschaft kommt das Feedback, dass das Phänomen der ‘Partizipation’ theoretisch und empirisch noch zu wenig erforscht ist. Zumeist beschränken sich Befürworter und Gegner auf Positionen, die ideologisch motiviert sind, aber nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen (Fischer 2006 ).

Grundsätzlich zeigt aber die empirische Partizipationsforschung folgendes (vgl. Fischer 2006 ):

  • Partizipation ist kein Selbstläufer. Es handelt sich vielmehr um einen komplizierten Prozess, der sorgfältig gepflegt, moderiert und gesteuert werden muss.
  • Partizipation führt nicht per se zu inhaltlich guten Ergebnissen mit gesellschaftlichem Mehrwert. Die empirische Untersuchung von Newig/Fritsch in Bode/Evers (2009) zeigt, dass partizipative Verfahren im Umweltbereich nicht immer bessere ökologische Entscheidungen produzieren. In 15 untersuchten Fällen kam es nur in sechs Verfahren zu Verbesserungen, in 5 Verfahren hat die Partizipation die ökologische Qualität der Entscheidungen verschlechtert, – weil die persönlichen Interessen über fachlich bedeutsame Aspekte dominierten.
  • Partizipation ist ein Prozess mit ungewissem Ausgang. Man kann nicht von der Ausgestaltung des Partizipationsverfahrens automatisch auf dessen Ausgang schließen.
  • Es fehlt noch detailliertes Wissen darüber, wie Partizipation genau funktioniert. Bezüglich der Beteiligungsverfahren muss erst noch gelernt werden "what is good and what is bad, what works and what does not" (Cornwall/Jewkes, zit. nach Fischer 2006).
  • Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass eine formale Theorie über Partizipationsverfahren nicht möglich sein wird, weil jedes Verfahren sehr stark von den beteiligten Akteuren und deren Ideen/Haltungen/Wünschen dominiert wird.

Angesichts der spärlichen Aufmerksamkeit, die in der Blogosphäre dem Thema ‘Partizipation in der Praxis’ zu teil wird (obwohl Web 2.0 das Thema höchst aktuell macht), freue ich mich über Webseiten wie die diese:

Partizipative Qualitätsentwicklung : Die Seite bietet allen, die in der "Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten" aktiv sind, gutes Material über Partizipation und Kooperation.

Involve des people and participation.net, das eine interessante "Bibliothek" bzw. Linksammlung zum Thema Partizipation bietet.

Wegweiser-bürgergesellschaft.de, die unter dem Stichwort ‘Modelle und Methoden der Bürgergeteiligung’ auch Ressourcen für konkrete Partizipationsprozesse bieten.

Nachtrag: ein aktuelles empirisches Beispiel, die Kampagne ‘StopStarbucks’, die ich beim PR Blogger gefunden habe, veranschaulicht sehr gut die system- und strukturkritischen Potentiale von Social Media.

Wenn eine Organisation hofft, durch einen strategischen Social Media-Einsatz, der hinsichtlich der Tools dem state-of-the-art entspricht, Interessensunterschiede zwischen ihr und ihren Stakeholdern durch einen Online-Dialog einfach auflösen zu können, dann irrt sie. Im Gegenteil: durch Social Media werden Interessensunterschiede sehr schnell sehr deutlich und sehr öffentlich. Konflikte können nicht tabuisiert werden und Defizite innerhalb der Organistion auch nicht. Es kommt alles früher oder später auf den Tisch – wer an Organisationsstrukturen festhält, die Stakeholder nicht auf Augenhöhe behandeln, wird es mit Social Media schwer haben. Denn sie zielen auch auf strukturelle Veränderungen in einer Organisation.

NPO-Blogparade: Der Videoeinsatz von Nonprofits im Sozialbereich

In der 6. Runde der NPO-Blogparade fragt Ulrike Schmid von Kultur 2.0 , weshalb gemeinnützige Organisationen Bewegtbilder bzw. audiovisuellen Content wie Videos noch so wenig nutzen.

Nonprofits haben meines Erachtens mit professionell erstellten Videos kein inhaltliches Problem, sondern lediglich ein finanzielles. Denn zwischenzeitlich hat es sich auch im Nonprofit-Sektor herumgesprochen, dass man Videos sehr gut für das eigene Marketing oder für das Fundraising einsetzen kann. Vor zwei Jahren waren die Potentiale von Videos vielleicht noch unbekannter. Aber zwischenzeitlich zählen Videos zum Standard im Internet. Die Hälfte aller Onliner in Deutschland schaut sich Videos auf Videoportalen an. Bei den unter Dreissigjährigen liegt der Anteil der Videonutzer bei 84% (ARD/ZDF-Onlinestudie 2008 ). Dass Videos deshalb eine wichtige Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit spielen können, ist bei den etablierten gemeinnützigen Trägern als Botschaft angekommen. Die großen Verbände nutzen zwischenzeitlich auch Videos, wie bspw. die Caritas, die derzeit mit einem beeindruckenden Beitrag auf Youtube zu sehen ist (via H. Schmidt ).

Wenn es von diesen professionell erstellten Videos immer noch nicht so viele gibt, dass sie auf jeder Webseite zum Standard gehören, dann wegen der chronischen Unterfinanzierung von Nonprofits. Angesichts der knappen Budgets beschränkt man sich häufig auf Texte und Photos. Der Mehrwert von Videos rechnet sich in einer solchen Konstellation laut Gerald Czech von Österreichischen Roten Kreuz nicht in jedem Fall.

Auch selbst erstellte (Amateur)Videos bekommen langsam ihren Platz im Nonprofit-Sektor. Erst heute habe ich im Netz entdeckt, dass die Akademie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes eine Ehrenamtsvideothek und eine Selbsthilfevideothek eröffnet hat und die Zielgruppen einlädt, ihre Videos hochzuladen. Selbst für die Fortbildung der Mitarbeiter werden Videos langsam eingesetzt. Diese Aktivitäten befinden sich noch im Aufbau, gehen aber in Richtung einer stärkeren Video-Nutzung.

Was derzeit aber in der Fläche noch ziemlich fehlt, das sind Videos, die von den Stakeholdern einer Organisation gemacht und anschliessend auf die Webseite der Organisation gestellt werden (nicht auf eine gesonderte Plattform). Als Videoproduzenten kommen in Frage: Klienten, Ehrenamtliche, Mitarbeiter, Spender, Freunde und Unterstützer. Themen für Videos könnten sein: Veranstaltungen der NPO, Klientenbefragung, Motivation der Ehrenamtlichen, Dokumentation von Diskussionsprozessen, Entwicklung von Hilfsprojekten, Problemlagen im Stadtteil usw.

Stakeholder könnten für Nonprofits zu einer Art "Social reporter" werden, wie sie dem britischen Blogger und Community-Aktivist David Wilcox vorschweben, – Reporter, die gemeinsam mit der gemeinnützigen Organisation Ideen sammeln, Erfahrungen verarbeiten, Problemen und offenen Fragen nachspüren, um einen sozialen Mehrwert für die Organisation, die Klienten und die Bürgerschaft zu generieren. Und dies alles mit Hilfe von Social Media-Tools wie eben der Videotechnik.
Auch Hannes Jähnert betont die wichtige Rolle, die Ehrenamtliche spielen könnten, wenn es darum geht, Videos für eine NPO zu erstellen. Insbesondere die jüngeren Mitglieder/Zivis/Ehrenamtlichen könnten hier eine Schlüsselrolle spielen.

Für das anspruchsvolle Konzept der "Social reporter", das Stakeholder zu Partnern der Nonprofit-Organisation macht, wenn es um Strategiefindung, Advocacy usw. geht, brauchen Nonprofits Mut, das technische Knowhow und die finanziellen Mittel für Schulungen. Hier müßten nun der Staat und private Stiftungen unterstützend wirken. Ihre Aufgabe müßte es sein, Nonprofits bei dem Wandel in das digitale Zeitalter stärker unter die Arme zu greifen. Angesichts der prekären finanziellen Situation von Nonprofits wird es (zu) lange dauern, bis sie sich das notwendige Social Media- Wissen auf der Basis eigener Ressourcen angeeignet haben.

Wenn man einen starken und kompetenten Nonprofit-Sektor anstrebt (und fordern hier in Deutschland nicht alle eine Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft?), dann muss die Allgemeinheit in die Kompetenzen von Nonprofits investieren. In meinem letzten Blogbeitrag habe ich berichtet, wie in Großbritannien das Knowhow von Nonprofits mit Hilfe öffentlicher Gelder weiterentwickelt wird. Und wie in den USA gemeinnützige Organisationen staatliche Unterstützung für den Ausbau der eigenen Kompetenzen einfordern, weil ein schlechter Nonprofit-Sektor niemandem dient, – schon gar nicht dem Staat und dessen Legitimation.

Die Videoproduktion könnten also einzelne Nonprofits im Rahmen öffentlicher (oder privat geförderter) Progarmme lernen und dieses Wissen dann als Multiplikatoren an andere gemeinnützige Organisationen weitergeben. Wie bspw. der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg in der Vergangenheit als Multiplikator für das Podcasting unterwegs war, allerdings nur für die eigenen Verbandsmitglieder. Potentielle Träger eines solchen Förderprogrammes gibt es genug: die Palette reicht von den Landesmedien-
anstalten bis zu den Film- und Medienhochschulen. Aber auch die großen Stftungen sind gefragt, wenn es um die Weiterentwicklung der Kompetenzen von Nonprofits im Bereich Social Media geht.

Wenn Nonprofits hier in Deutschland in der Fläche noch so weit zurückliegen, was ihre Social Media-Kompetenzen betrifft, dann liegt dies auch daran, dass ihr politisches/administratives Netzwerk sie in dieser Sache zu wenig unterstützt. Und Nonprofits es versäumen, auf die staatlichen Akteure entsprechend Druck auszuüben und parallel sich nach zusätzlichen Unterstützern aus dem gesellschaftlichen Bereich umzusehen.